29.11.2007

Gott kommt zu uns

Liebe Kinder,
liebe Gemeindeglieder,


Ankunft. Großer Bahnhof, großer Empfang für Jesus. Alle jubeln ihm zu. Hosianna schreien sie, so wie wir das vorhin von den Hortkindern gespielt gesehen haben. Hosianna, das heißt: „Hilf doch Herr“. Sie wollten Hilfe, weil sie gespürt haben, dass es in ihrem Herzen dunkel war. Da war Furcht und Angst, denn ihr Land war von einer fremden Macht besetzt, von den Römern. Manchmal ist es auch in unseren Herzen dunkel, weil wir Sorgen haben oder weil wir etwas angestellt haben. Wenn es in unseren Herzen dunkel ist, dann fühlen wir uns nicht wohl und brauchen Hilfe.

Heute ist der 1. Advent. Und damit beginnt die Adventszeit, vier Sonntage lang. In dieser Zeit bereiten wir uns vor, dass Jesus auch bei uns einzieht – in unser Herz, damit es dort ganz hell wird, denn er kann uns helfen.

In drei Wochen feiern wir Weihnachten. Wir wünschen uns, dass an Weihnachten unsre Herzen ganz hell sind – nur Freude und Liebe zueinander soll darin Platz haben, denn an diesem Tag feiert Jesus Geburtstag. Und weil wir uns so freuen schenken wir uns gegenseitig etwas. Manche überlegen immer noch was sie dem anderen schenken könnten. Es ist ja gar nicht so leicht, etwas zu finden was dem andern Freude macht.

Ich habe euch eine Geschichte mitgebracht. Vielleicht kann die ein wenig dazu helfen, wie so ein Geschenk aussehen kann. Es ist die Geschichte vom Schuster Konrad, der etwas eigentümliches erlebt hat und am Schluss selbst ganz erstaunt war und ein großes Geschenk bekommen hat.

SCHUSTER KONRAD

An diesem Morgen war Konrad, der Schuster, schon sehr früh aufgestanden, hatte seine Werkstatt aufgeräumt, den Ofen angezündet und den Tisch gedeckt. Heute wollte er nicht arbeiten. Heute erwartete er einen Gast. Den höchsten Gast, den ihr euch nur denken könnt. Er erwartete Gott selber. Denn in der vorigen Nacht hatte Gott ihn im Traum wissen lassen: Morgen werde ich zu dir kommen. Nun saß Konrad also in der warmen Stube am Tisch und wartete und sein Herz war voller Freude. Da hörte er draußen Schritte und schon klopfte es an der Tür. »Da ist er«, dachte Konrad, sprang auf und riss die Tür au£

Aber es war nur der Briefträger, der von der Kälte ganz rot und blau gefrorene Finger hatte und sehnsüchtig nach dem heißen Tee auf dem Ofen schielte. Konrad ließ ihn herein, bewirtete ihn mit einer Tasse Tee und ließ ihn sich aufwärmen. »Danke«, sagte der Briefträger, »das hat gut getan.« Und er stapfte wieder in die Kälte hinaus.

Sobald er das Haus verlassen hatte, räumte Konrad schnell die Tassen ab und stellte saubere auf den Tisch. Dann setzte er sich ans Fenster, um seinem Gast entgegenzusehen. Er würde sicher bald kommen. ‑ Es wurde Mittag, aber von Gott war nichts zu sehen.

Plötzlich erblickte er einen kleinen Jungen und als er genauer hinsah, bemerkte er, dass dem Kleinen die Tränen über die Wangen liefen. Konrad rief ihn zu sich und erfuhr, dass er seine Mutter im Gedränge der Stadt verloren hatte und nun nicht mehr nach Hause finden konnte. Konrad legte einen Zettel auf den Tisch, auf den er schrieb: »Bitte, warte auf mich. Ich bin gleich zurück!« Er ließ seine Tür unverschlossen, nahm den Jungen an die Hand und brachte ihn nach Hause.

Aber der Weg war weiter gewesen, als er gedacht hatte, und so kam er erst heim, als es schon dunkelte. Er erschrak fast, als er sah, dass jemand in seinem Zimmer am Fenster stand. Aber dann tat sein Herz einen Sprung vor Freude. Nun war Gott doch zu ihm gekommen.

Im nächsten Augenblick erkannte er die Frau, die oben bei ihm im gleichen Haus wohnte. Sie sah müde und traurig aus. Und er erfuhr, dass sie drei Nächte lang nicht mehr geschlafen hatte, weil ihr kleiner Sohn Petja so krank war, dass sie sich keinen Rat mehr wusste. Er lag so still da und das Fieber stieg und er erkannte die Mutter nicht mehr. Die Frau tat Konrad Leid. Sie war ganz allein mit dem Jungen, seit ihr Mann verunglückt war. Und so ging er mit. Gemeinsam wickelten sie Petja in feuchte Tücher. Konrad saß am Bett des kranken Kindes, während die Frau ein wenig ruhte. Als er endlich wieder in seine Stube zurückkehrte, war es weit nach Mitternacht. Müde und über alle Maßen enttäuscht legte sich Konrad schlafen. Der Tag war vorüber. Gott war nicht gekommen.

Plötzlich hörte er eine Stimme. Es war Gottes Stimme. »Danke«, sagte die Stimme, »danke, dass ich mich bei dir aufwärmen durfte - danke, dass du mir den Weg nach Hause zeigtest danke für deinen Trost und deine Hilfe ich danke dir, Konrad, dass ich heute dein Gast sein durfte.«

Maria Lorentz


Erster Advent ist heute. Heute beginnt die Zeit, in der auch wir warten, wie Schuster Konrad, dass Gott zu uns kommt und bei uns einzieht. Wir warten auf Weihnachten, wir warten auf Jesus, wir warten auf die liebevoll ausgesuchten Geschenke. Manche können das schon fast nicht mehr aushalten.

Schuster Konrad wurde von Gott besucht. Er hat es gar nicht gemerkt, dass Gott da war, in dem Postboten, der gefroren hatte, in dem Kind das sich verlaufen hatte und in der Frau, die die Sorge um ihr Kind nicht schlafen ließ.

Vielleicht müssen wir nur unsre Augen weiter aufmachen, damit auch wir sehen können, wenn uns Gott begegnet. Es wäre doch eine gute Idee, wenn wir in den nächsten drei Wochen ganz bewusst die Augen offen halten und nach Gott Ausschau halten. Manchmal begegnet er uns - ganz anders als wir uns das vorstellen. Vielleicht entdecken wir ihn, mitten in unserem Alltag. Nur ein kleiner Tip: Wenn uns Gott begegnet, wenn er in unsere Herzen einzieht, dann wird es da innen ganz hell.

Nach dem nächsten Lied werden wir unseren Adventskranz schmücken. Dieses Jahr mit vielen süßen Sachen. Natürlich fehlen auch die Kerzen nicht. Wir werden jeden Sonntag eine Kerze mehr anzünden. Und wenn dann alle vier Kerzen brennen, am 4. Advent, dann werden wir uns wieder hier treffen und schauen wo uns Gott in den drei Wochen begegnet ist. Ich werde wieder eine Geschichte mitbringen, und – wir werden die süßen Sachen wieder vom Adventskranz nehmen und an die Kinder, die an dann hier im Gottesdienst sind, verteilen. Ihr seid also herzlich eingeladen zum Familiengottesdienst am 4. Advent, das ist am Tag vor dem Heiligen Abend.

Die Ansprache wurde von mir im Familiengottesdienst am 1. Advent 2007 gehalten

27.11.2007

Die Schiedsrichter

Sportplatz. Tausende sitzen auf den Rängen und sehen zu. Elf Spieler kämpfen auf dem Spielfeld. Die auf dem Rängen sind alle Schiedsrichter, wissen genau was die da unten falsch machen. Wenn die Elf gewinnt, dann haben wir gewonnen, wenn sie verliert, dann jagt man den Trainer davon.
So geht es auch in unseren Gemeinden. Da sind Zuschauer, viele Zuschauer, aber kaum jemand spielt mit. Alle wissen wie es besser geht, was die Spieler falsch machen. Die Gemeinden brauchen Spieler, keine Zuschauer oder Schiedsrichter.


nach Peter Hahne, ZDF Moderator, bei einem Vortrag in Fürth St. Paul am 26.11.2007

22.11.2007

Straßenkinder in Deutschland

Es ist kalt geworden in Deutschland.

Der Schnee hat unsere Ortschaft mit einer dicken weißen Schicht zugedeckt.

Vor wenigen Stunden kamen meine Kinder mit roten Nasen, kalten Händen und strahlenden Augen vom Schneehaus bauen nach Hause. In Akkordzeit wurden alle nassen Schneesachen ausgezogen und in die Ecke geworfen. Und noch schneller standen meine kleinen Räuber in der Küche, wo der heiße Kinderpunsch schon bereit stand. Eine Hand voll Kekse und eine Tasse Kinderpunsch, dazu drei leuchtende Kinderaugenpaare.

Jetzt ist es nach 24 Uhr. Meine Kinder liegen im warmen Bett. Bis zur Nasenspitze zugedeckt und schöpfen Energie für den neuen Tag.

Meine Gedanken wandern weg von meinen eigenen Kindern. Sie wandern hin zu den Kindern und Jugendlichen, die jetzt irgendwo im Freien sitzen und frieren. Deren Magen knurrt. Die ihre Restenergie benötigen, um diese Nacht zu überstehen. Meine Gedanken gleiten zu den Straßenkindern dieser Welt.

Jeder weiß, dass es sie gibt. Die Weltgesundheitsorganisation redet von ca. 33 Millionen, andere Organisationen von bis zu 100 Millionen Straßenkindern weltweit. Erschreckende Zahl. Und doch soweit weg. Indonesien, Afrika, Russland, Asien... schlimm, was in anderen Ländern so geschieht. Ein Glück leben meine Kinder in Deutschland, möchte ich gerade fertig denken, als mein Gedanke in diesem Gedanken stecken bleibt.

Straßenkinder in Deutschland, direkt vor meiner Tür.

Keine fünfzig Kilometer von meiner Wohnungstür entfernt gibt es sie. An die 600 Jugendliche und junge Erwachsene leben in und um Stuttgart mehr auf der Straße als Zuhause. Manche von ihnen leben ganz auf der Straße oder in Abbruchhäusern. Etwa 20 von ihnen stehen momentan vor der absoluten Obdachlosigkeit. Wenn diese Zahlen nur Stuttgart betreffen, wie hoch sind wohl die Zahlen bundesweit?

Und auch wenn die Straßenkinder Deutschlands nicht mit den Kindern der Straße Afrikas zu vergleichen sind, leben sie dennoch aus derselben Gleichung:

Die erlebte Not, der Weg hin zur Straße.

Die Straße ihr Zuhause.

Die Freunde ihre Familie.

Ich halte meine heiße Tasse Tee in den Händen. Beobachte leise ein paar Kerzen bei ihrem Lichtertanz. Der Raum ist von einer wohligen Wärme durchtränkt. Die Kälte des Winters hat keine Chance, in mein Haus einzuziehen. Und doch begegnet mir die Wahrheit, dass es kalt geworden ist in Deutschland.

Auch wenn wir es nicht wahrhaben wollen, wenn wir unsere Augen verschließen möchten. Wenn unsere Ohren sich davor schützen wollen. Es gibt Euch, Euch Kinder der Straße. Und Euch begegnet eine Kälte, die Ihr nicht verdient habt.


Was treibt sie auf die Straße?


Eure erlebte Not hat Euch auf die Straße getrieben und zieht jeden Tag neue Jugendliche dorthin. Ist es wichtig, in welche Notkategorie jeder Einzelne von Euch eingestuft wird?

Vielleicht gehörst Du zu der Personengruppe, die täglich soviel seelische und körperliche Gewalt erfährt, dass Dein Zuhause Dir keine Zuflucht, keine Sicherheit schenkt. Vielleicht hast Du Angst nach Hause zu gehen. Dorthin wo Schläge, Missbrauch, Qual und Leid auf Dich wartet.

Vielleicht gehörst Du zu denen, die dem Leistungsdruck der Eltern nicht standhalten. Du erlebst das Gefühl, gar nicht die Chance zu bekommen, Dein Leben leben zu können. Weil man Dich wie eine Marionette benutzt. Weil man ganz genau weiß, was scheinbar gut und richtig für Dich ist. Welche Ziele Du zu erreichen hast. Ohne gefragt zu werden, ob Du dieses Leben, diese Ziele möchtest. Ob es Deine Ziele, Deine Wünsche und Deine Sehnsüchte sind.

Vielleicht gehörst Du zu denen, die von Kinderarmut betroffen sind. Und Dein Gang zur Straße gleicht einer Flucht vor dieser Realität, die diese neue Armut in Deutschland mit sich bringt.

Vielleicht wurdest Du auch von Deinen Eltern vor die Tür gesetzt. Weil man Zuhause Platz benötigte. Platz für Deine Geschwister, den neuen Partner. Platz, den Du in Anspruch genommen hast.

Vielleicht hat man Dir auch zur Volljährigkeit die Wohnungstüre von Außen gezeigt. Weil Du anscheinend der Grund für die Not und die Zwietracht innerhalb der Familie warst. Weil Du Deiner Familie Probleme machst.

Vielleicht gehörst Du auch zu den Wohlstandsübersättigten. Wurdest gemästet mit käuflichen Dingen. An Äußerlichkeiten überfressen, dennoch innerlich verhungert. Weil kein Spielzeug der Welt den Hunger nach Liebe stillen kann. Und Deine Eltern, Dein Umfeld nicht verstanden haben, dass ein Gameboy nicht innerlich erwärmt, keine Geborgenheit schenkt.

Vielleicht gehörst Du zu denen, die immer Zuhause alles durften. Deren Eltern meinten, dass Liebe keine Grenzen aufzeigt. Und Dein Gang auf die Strasse gleicht einem Hilferuf an Deine Eltern, Dir endlich einmal Grenzen aufzuzeigen. Grenzen der Liebe, die Dir Halt schenken können.


Straßenkinder sind mutige Kinder


Vielleicht gehörst Du auch in keine der genannten Kategorien.

Doch im Grunde ist es auch unwichtig, ob Du in eine Sparte gepresst werden kannst oder nicht.

Eines wird mir bewusst. Jedes Straßenkind, jeder von Euch ist ein sehr mutiges Kind, ein mutiger Jugendlicher, junger Erwachsener. Ihr tut genau das, was die wenigsten von uns tun. Ihr wehrt Euch. Ihr schreit Euer NEIN in die Welt hinein.

Ein NEIN zu all dem Schmerz, der Euch zugefügt wird. Ein NEIN zu der Not die Euch täglich Zuhause begegnet.

Ihr kämpft mit Euren Mitteln. Weil Ihr niemanden um Euch habt, der für Euch streitet, der für Euch eintritt, der für Euch kämpft, kämpft Ihr für Euch selber.

Ihr seid das große, laute NEIN zu all den Missständen, Verletzungen, Leiden ... mit denen unsere ganzen Kinder konfrontiert werden. Und dieses NEIN wir nur zu gerne überhören möchten.

Aber Ihr seid sehr starke Persönlichkeiten. Jeder Einzelne von Euch ist ein Bündel voller Mut. Keiner von Euch hat es verdient, dass Andere auf Euch verachtend herabblicken. Niemand hat das Recht Euch Eure Würde abzusprechen.

Ja, manche von Euch nehmen Drogen. Manche von Euch tun Dinge, die vor dem Gesetz nicht in Ordnung sind. Manche von Euch verkaufen ihren Körper. Ja, auch das ist die Wahrheit.

Aber die grundlegende Wahrheit ist, dass dies alles und viel mehr nur die Folgen sind. Und nicht die Ursache. Die Folgen für unser Wegsehen. Für unser Schweigen. Die Folgen Eurer Not, die keiner von den großen, starken Menschen um Euch beachtet hat.

Ob wir kleinen Leute dieser Gesellschaft es schaffen können diese Ursachen zu beseitigen?

Ich weiß es nicht.


Ohnmacht und Wut


Die Ohnmacht meldet sich zu Wort und mit ihr die Wut. Weil der Staat wieder einmal wegsieht.

Weil Hilfeleistungen gekürzt werden. Was nicht sein darf, gibt es nicht. „In Deutschland gibt es keine Straßenkinder. Wir haben nicht solche Zustände wie Russland.“

So hört man es doch immer wieder.

Ja, vermutlich habt Ihr alle eine Anschrift. Die meisten Eurer Eltern haben einen Wohnsitz und dadurch auch Ihr. Es gibt zur Not ja Jugendheime, die Euch auffangen können, wenn das Zuhause kein Zuhause bietet.

Aber selbst wenn dies alles die Wahrheit ist. Bedeutet ein Schlafplatz, ein Dach über dem Kopf ein Zuhause? Kann ein Jugendheim eine gesunde Familie, eine Heimat ersetzen?

Ich weiß nicht, wie man diese Ursachen beseitigen kann. Aber ich weiss, dass wir es schaffen können, Euch in Eurem jetzigen Sein zu unterstützen.

Es liegt an jedem Einzelnen von uns, wie wir Euch begegnen. Ob wir auf die Folgen oder auf die Ursachen blicken möchten. Wir entscheiden darüber, ob wir hinsehen oder wegsehen möchten.

Ihr habt Nein gesagt zu Dingen, die Euch hindern, Eure Ziele zu verwirklichen. Ein anderes, besseres Leben. Ein Leben das den Namen desjenigen trägt, der es auslebt.

Ein lautes NEIN wegen des JA´s zum Leben.

Und wieder wandert mein Blick hin zu den tanzenden Kerzenlichtern. Die Hilflosigkeit möchte in mir einziehen. Weil ich so gerne helfen möchte und nicht weiss wie. Ich fühle mich so klein gegenüber den Missständen unserer Welt. Und ich erlebe das Gefühl, wie die Kälte Deutschlands doch langsam in mein Sein wandert.

Aber halt, ihr düsteren Gedanken der Nacht! Nicht jeder überhört dieses NEIN. Und manche hören sogar dieses JA hinter dem NEIN. Dieses JA zum Leben. Auch wenn dieses JA fast in der Hoffnungslosigkeit und Mutlosigkeit versunken ist.


Wer hilft?


In den meisten Großstädten gibt es Organisationen, die sich für die Kinder der Straße einsetzen. Da gibt es Menschen die hinsehen. Die ihre Hände austrecken und ganz praktisch helfen möchten und tun. Diese Menschen wissen, ein Frühstück am Morgen, die Möglichkeit zu duschen, ein Notschlafplatz... verändert nicht Euer jetziges Leben. Aber ein warmes Essen macht satt. Eine Anlaufstelle ersetzt kein Zuhause, aber sie verschafft die Möglichkeit der Begegnung, des Austausches, der Hilfe. Nicht immer alles alleine durchstehen müssen, da es dort eine Hand voll Menschen gibt, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Euch ein Stück zu begleiten. Die Euch dabei unterstützen möchten, dass aus Euren fast verschwundenen Träumen wieder Ziele werden. Eure Träume, nicht die Träume, die ein anderer für Euch sich erträumt. In diesen Anlaufstellen geht es um Euch. Endlich einmal nur um Euch.

Und so denke ich an die Anlaufstelle "Schlupfwinkel", die in Stuttgart ansässig ist. Ein Schlupfwinkel der wirklich Unterschlupf bietet. Der genau diese Dinge tut, die jemand tun muss und die keiner von uns so richtig tun will. Weil sich niemand von uns dafür verantwortlich fühlt.

Drei hauptamtliche und mehrere ehrenamtliche Mitarbeiter tun dort das, worüber wir reden. Wozu wir verpflichtet wären, weil es um unsere Kinder geht.

Im Schlupfwinkel gibt es Menschen, mit denen Ihr reden könnt. Die Euch helfen können. Die mit Euch gemeinsam den Weg gehen möchten, dass Euer lautes NEIN nicht umsonst war. Deren Ziel es nicht ist, Euch nur schnell weg von der Strasse zu holen, damit unsere Strassen wieder schöner werden. Sondern die mit Euch einen Weg weg von der Strasse finden möchten, damit Ihr nicht nur überlebt sondern lebt.

Auch wenn Schlupfwinkel kein Zuhause ersetzen kann. So bedeutet doch der Schlupfwinkel eine Oase der Heimat. Ein Ort der Zuflucht. Der aktiven, guten Hilfe.

Wir kleinen Menschen dieser Gesellschaft, wir können vermutlich wirklich die große weite Welt nicht verändern.

Aber wir können die Welt vor und hinter unserer Türe verändern. Wir können hinsehen, wo andere wegsehen. Wir können unsere Türen öffnen, für Menschen, die sonst nur vor verschlossene Türen stehen. Wir können finanziell die Anlaufstellen unterstützen, damit sie weiter ihren Dienst für die Kinder unserer Strasse tun können. Wir können so viel tun. Die große, weite Welt beginnt genau da, wo wir stehen und leben.

Ja, es ist kalt geworden in Deutschland. Doch wir können dazu beitragen, dass sich Deutschland wieder erwärmt

Michaela Ender

20.11.2007

Monat der Tränen


Es ist wieder November geworden. Draußen ist es trist, kalt, nebelig, unwirtlich. Die Nächte werden länger, die Tage kürzer. Es schlägt uns aufs Gemüt. Der November ist die Zeit, in der die Natur stirbt und unsere Gedanken auf unser eigenes Sterben hingelenkt werden. Wir gedenken in diesem Monat unserer Lieben, die uns bereits diesen Weg vorausgegangen sind und wir fühlen den Schmerz des Vermissens.

In einem Gesprächskreis haben wir über unsere Tränen gesprochen. Wir haben davon erzählt, wie wir uns in den Schlaf geweint haben, weil uns der Schmerz nicht mehr losgelassen hat. Der Schmerz der Trauer, der Schmerz über das eigene Versagen und unserer Schuld. Es wurde auch erzählt, von den Tränen verlassener Menschen, die ein Kind hergeben mussten, die ihre Eltern verloren haben oder den Ehepartner. Menschen, die vor Einsamkeit weinen.

Es ist mir Trost, wenn ich bei Jesaja 25,8 lese: Gott der Herr wird die Tränen von allen Angesichtern abwischen. Da ist einer, der meine Tränen sieht. Der sich mir zuwendet und meine Tränen trocknet. Ein gutes Bild, das mich an eine liebevolle Mutter, oder einen fürsorglichen Vater erinnert. Gott kümmert sich um meine Tränen, mit denen ich mich verletzt, verlassen, gedemütigt in den Schlaf geweint habe. Ihn rühren die Tränen, die ich aus Verzweiflung über meine Schuld und mein Unvermögen das Richtige zu tun, weine.

Gott ist in unseren Tränen. Und ich bin sicher, dass Gott manchmal mit uns weint. Er kennt unsere Sorgen und unser Leid.

17.11.2007

Reisende soll man nicht aufhalten

Ende November verlässt uns unser Kollege, der erst seit 2 1/2 Jahre in unserer Gemeinde Pfarrer ist. Grund: Seine zweite Frau, die er vor 2 Jahren geheiratet hat und ebenfalls Pfarrerin ist, will aus dem Schuldienst zurück in den Gemeindedienst. (Warum das jetzt sein muss, bleibt wohl ihr Geheimnis.) Nachdem die Bemühungen erfolglos waren, in der Nähe eine Pfarrstelle zu finden, machten sich beide auf die Suche nach geeigneten Pfarreien und wurden im DB Gräfenberg fündig. Folge für uns: Nach so kurzer Zeit wieder einen Wechsel in der Gemeindeleitung und eine 1-jährige Vakanz, nach der die Stelle dann wieder besetzt werden kann. Das wird dann im Dezember 2008 sein. Für unsere fast 7.000 Gemeindeglieder sind in dieser Zeit eine Pfarrerin und ich (Diakon) zuständig. Unsere Kollegen in den Nachbargemeinde haben uns bereits ihre Hilfe zugesagt.

Ich denke, dass Gott weiß warum das jetzt so sein muss. Es ist seine Gemeinde für die viel gebetet wird und er ist der, der die Menschen in diese Gemeinde zur Mitarbeit ruft. Gott kennt unseren neuen Kollegen bereits!