07.09.2009

Cristin + Werner


Es war wohl der glücklichste Tag meines Lebens (jedenfalls kam mir das so vor). Ich durfte nochmals ja sagen, dass ich mit einem Menschen Freud und Leid teilen will und bekam von ihm das Versprechen, dass er zu mir stehen will in guten und bösen Tagen, in Gesundheit und Krankheit.
Am 28. August heirateten Cristin und ich vor dem Standesamt und am drauffolgenden Tag in unserer Kirche.

Auf dem Standesamt waren Holger, Elisabeth, Sabine, unsere Trauzeugen (Lydia und Dieter) und die Rostocker Freunde Simone und Mike aus Rostock dabei. Es war eine kurze Zeremonie, in welcher der Standesbeamte vor allem zum Thema Scheidung sprach - was Cristin und mich etwas amüsierte. Dann aber, als ihr die Freunde zur Hochzeit gratulierten, flossen die Tränen des Glücks.
Mit großer Freude und viel Spaß nahmen wir unser Mittagessen in jener Pizzeria ein, in der ich um Cristins Hand angehalten hatte.

Am Nachmittag gab es noch einiges zu erledigen, damit die kirchliche Trauung ohne "Pannen" stattfinden konnte.

Den Abend beendeten mit unseren schon früher angereisten Gästen bei unserem Stammdöner - es war richtig lecker und die kleine Tochter der Freunde aus Rostock meinte: "Das ist eine coole Hochzeit, mit Pizza und Döner."

Der glücklichste Tag meines Lebens - Teil 2

Dann der Tag der kirchlichen Trauung. Wir hatten in der Nacht zuvor kaum geschlafen. Um 22 Uhr hatten wir Übernachtungsgäste vom Bahnhof abgeholt und sie anschließend noch etwas verköstigt. Nach Erzählen und Essen war es dann recht spät geworden, als wir endlich todmüde ins Bett fielen. Als um 5:30 Uhr der Wecker klingelte, hätten wir gerne ein wenig länger geschlafen - wenn wir gekonnt hätten, denn die Aufregung und die Erwartung auf den lang ersehnten Tag hatte uns eh den Schlaf geraubt.

Kurz vor 7 Uhr setzte ich Cristin beim Frisör im Kaufland ab. Ihre Frisörin wartete, eine Morgenzigarette rauchend, vor der Eingangstüre auf sie. Sie fing extra wegen ihr zwei Stunden früher an, damit Cristin rechtzeitig fertig werden würde. Inzwischen fuhr ich wieder nach Hause, um mit unseren Übernachtungsgästen zu frühstücken.

Gerade als wir mit unserem ausgedehnten Frühstück zu fertig waren läutete mein Handy und Cristin meldete, dass ich sie jetzt abholen können - eine halbe Stunde früher als geplant. Also fuhr ich los um sie abzuholen. Ich war ganz schön aufgeregt, als ich in Polohemd und Jeans unterwegs war um meine Braut heimzuholen.

Was soll ich sagen: Es war ein Traum, als ich sie in ihrem Brautkleid stehen sah. Sie sah traumhaft aus!!! Meine Frau! Es jubelte in mir. Mein Herz wollte aus der Brust springen vor lauter Freude und Liebe zu ihr.

Als wir zu Hause eintrafen war Dieter und Moni bereits da. Dieter sollte unser Brautauto fahren. Als ich mit Cristin die Wohnung betrat meinte Dieter humorvoll trocken: "Wer ist die fremde Frau hier? Raus mit ihr!" Cristin war ja auch kaum wiederzuerkennen. Sie sah einfach toll aus! Jetzt konnte ich mich endlich in mein hochzeitliches Gewand werfen.

Wir fuhren los. Im Blumenladen, wo der Brautstrauß und der Blumenschmuck fürs Auto warteten, wurde ich erst mal angeraunzt, weil man mit uns bereits um 8 Uhr gerechnet hatte. Geschmacklos dachte ich, es war mir egal. Wir hatten einen wunderbaren Tag vor uns und das zählte und nicht das "Gemotze" des Floristen.

Lustig ging es beim Fotografen zu. Dort war bereits ein anderes Hochzeitspaar. Man kannte sich, denn es waren die Brautleute, die sich gewünscht hatten von mir getraut zu werden, was aber nicht möglich war, weil ich am gleichen Tag selbst heiraten wollte. Es war ein großes Hallo jedenfalls.

Und es gab noch ein Hallo. Wir zogen mit unserer Fotografin durch den Stadtpark und sie animierte uns für wunderbare Fotos. Sie hatte eine Assistentin dabei, die fürs Licht zuständig war. Es dauerte nicht lange, so hatten wir herausgefunden, dass die Assistentin eine ehemalige Konfirmandin von mir war, die ich von fünf Jahren konfirmiert hatte. Jetzt hatte sie total schwarz gefärbtes Haar, so dass ich sie nicht gleich erkennen konnte.

Wir waren auch beim Fotografieren schneller als geplant. So galt es, eine halbe Stunde bis zum Beginn des Traugottesdienste zu überbrücken. Im Gemeindehaus, das nur wenige Minuten von der Kirche entfernt ist, verbrachten wir so die wohl längsten Minuten unseres Lebens. Die Zeit wollte einfach nicht verrinnen.

"Du musst nicht weinen, genieße es einfach, wenn du in die Kirche einziehst", das waren meine Worte an Cristin, bevor wir unter Orgelspiel mit unseren Blumenkindern Sabine und Johannes in die Kirche einzogen. Ein Blick zu Cristin zeigte mir, dass sie heftigst um Fassung rang. Nun war es auch um meine Fassung geschehen. Ich kämpfte, kämpfe mit den Tränen. Am liebsten hätte ich laut losgeheult.

Was der Pfarrer bei unserer Trauung gesagt hat

Wo du hingehst, da will ich auch hingehen;
Wo du bleibst, da bleibe ich auch.
Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.
Ruth 1,16


Liebe Cristin, lieber Werner,
liebe Trauzeugen und liebe Festgemeinde,

dass der Werner schon immer eigensinnig war, das wussten die Seinen. Und dass die Cristin schon immer eigensinnig war, das wussten die Ihren. Und darum ist es eigentlich gar nicht so verwunderlich, dass wir heute hier sitzen und miteinander eure Hochzeit feiern – etwas „Normales“ hätte zu keinem von euch beiden gepasst.
Und es tut gut, euch beiden gut, dass so viele gekommen sind um Euch zu begleiten bei diesem Schritt vor den Altar, der Sohn Holger mit Familie, die Geschwister, die Freundinnen und Freunde und die Gemeinde.
„Rügen trifft Augsburg“ – und Lüdenscheid ist auch stark vertreten. Herzlich willkommen hier in Fürth in St. Paul.

Wer von uns hätte letztes Jahr um diese Zeit geahnt, dass wir heute hier sein können. Ganz andere Zeiten waren zu bestehen.
Du Werner hast es selbst in deiner Predigt am vorletzten Sonntag gesagt. Du hast vom Weinen gesprochen, vom Weinen zum Jahrestag am Grab deiner Gisela, eurer Gisela, denn du, Cristin, kanntest Sie ja auch. Und Zeiten des Weinens, der Krisen, der Ohnmacht, der Wut, der Fragen und Zweifel kennt ihr beide ja nur zu gut.
Es war ein katastrophales Jahr, dieses Jahr 2008 mit Krankheiten und Abschied nehme. Und gleichzeitig ist dieses Jahr 2008 auch ein Beginn gewesen – ein neuer Anfang für euch beide. Nichts war geplant und nichts vorhersehbar und doch ist es geworden, hinter euch, neben euch, in euch gewachsen. Plötzlich spürt man, ja, man spürt wieder, wie es gut tut, dass der andere da ist, dass er sich um einen kümmert, beim Haushalten, beim Einkaufen oder bei den Hausaufgaben. Im anderen findet man Rahmen und Halt für das eigene Leben. Und es verändert sich hin zu einem mehr. … Es wird Liebe!
Und eigentlich könnten dann alle glücklich sein, aber hier fingen die Probleme erst an. Er sagt: „Ich bin zu alt. Du bist zu jung.“ Und sie sagt: „Hab ich das gesagt? Dass ich heirate, ist eher ein Wunder“
Und nun laufen die Telefone heiß. Die Familien, die Freunde werden befragt und gelöchert, Worte dafür und dagegen gesammelt, abgewogen und immer wieder das Gebet, das gemeinsame und das je eigene. „Zeit mit Gott“ und die „Stille“.
Und es wird klarer in jedem. Die kritischen Nach-Fragen des Pfarrers helfen klären. Leichtfertig ist da gar nichts. Vielleicht etwas überraschend – aber für wen? Für uns? Für Euch?
Zu schnell? Sagen manche, doch jeder von euch bringt seine Geschichte mit und das wäre auch in einem Jahr nicht anders gewesen. Und ihr wisst von der Geschichte des anderen und habt euch einander anvertraut. Aufmerksam und achtsam seid ihr – für den anderen. Und darüber wird der Weg sichtbarer und die Entscheidung klarer:
Wo du hingehst, da will ich auch hingehen;
wo du bleibst, da bleibe ich auch.
Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.
Ruth 1,16


Lied: Gut, dass wir einander haben (Himmelstürmer)

Wo du hingehst, da will ich auch hingehen;
wo du bleibst, da bleibe ich auch.
Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.

Ein großes Wort. Ein altes Wort. Ein Wort Gottes, das schon oft über Ehen ausgesprochen wurde, weil es so tiefgründig vom Vertrauen spricht und die, die es gesprochen haben, haben es auch gehalten.
Wenn man genau hinsieht, ist dieses Wort sogar ein generationsübergreifendes Wort, denn ursprünglich ist es ja kein Ehewort, sondern das Wort einer Jüngeren „Ruth“ zu ihrer Schwiegermutter Naemi. In tiefem Vertrauen zum anderen – weil sie niemanden anderes mehr haben - kümmert sich die eine um die andere in großer Ergebenheit.
Wo du hingehst, da will ich auch hingehen;
wo du bleibst, da bleibe ich auch.
Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.
Und in der Verantwortung füreinander gehen sie zusammen ihren Weg.

Das, was hier zum Ausdruck kommt, ist die Grundlage jeder Ehe.
Dass man gemeinsam die Wege geht und das ist ja gleichzeitig auch immer die spannungsvollste Aufgabe in einer Ehe, dass man den gemeinsamen Weg findet. Bleiben wir doch auch in der Ehe zwei Menschen mit zwei Köpfen und zwei Herzen.
Doch es gibt einen gemeinsamen Weg – das zieht sich wie ein rotes Band durch das ganze Buch Ruth, in dem euer Ehewort steht – im Hintergrund läuft die Geschichte Gottes mit und zum Schluss liegt ein Segen darauf.

Gehen und Bleiben – das sind die beiden Bewegungsrichtungen und manchmal gibt der eine den Ton an und manchmal der andere. Und manchmal muss man bleiben, obwohl man noch gehen könnte – dem anderen zu Lieben. Und manchmal wird man gehen, obwohl man noch bleiben möchte – dem anderen zu Liebe. Das bleibt eine lebenslange Aufgabe – für mich und für den anderen.
Doch da ist noch ein anderes. Wie gut tut es, wenn man auch zur Familie des anderen sein Ja sagen kann. Denn meine Familie ist auch meine Geschichte und mit dem anderen gewinne ich eine neue Familie dazu. Ein großes Gut, dass gerade auch Du, liebe Cristin, als sehr kostbar empfindest. Und wenn man mit einem „Rummelsberger“ verheiratet ist, kommt ja die Brüdergemeinschaft auch noch dazu. Doch das schafft ihr und es hat euch beiden gut getan, wie herzlich ihr in der Familie des anderen aufgenommen wurdet.
Wie heißt es hier:
Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.
Ja und da seid ihr euch ganz sicher, ohne diese Gewissheit „dein Gott ist mein Gott“ wären wir heute nicht hier. Im gemeinsamen geistlichen Leben habt ihr ein Band entdeckt, das euch unbezwingbar macht. Die Ehe vor Gott führen, heißt ja auch immer, sie von Gott mit bestimmen lassen – in der Stille den Mut zum Ersten Wort zurück finden, im Gebet die Kraft zum Verzeihen bekommen und aus Christi Liebe die Erneuerung für unsere Liebe zu schöpfen.
Und das wünschen wir euch, dir, lieber Werner und dir, liebe Cristin, von Herzen, dass ihr unter dem Segen Gottes glücklich werdet und immer wieder aus dem Glauben heraus einmütig sprechen könnt:
Wo du hingehst, da will ich auch hingehen;
wo du bleibst, da bleibe ich auch.
Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.

Amen