Liebe Geschwister,
liebe Schwägerinnnen und Schwager,
liebe Freunde,
Dieses Weihnachten fällt es mir wahrlich schwer den obligatorischen Weihnachtsbrief zu schreiben. Eigentlich möchte ich lieber das Jahr 2008 ausfallen lassen, wenn das ginge. Es war für uns ein schlimmes Jahr und gerade jetzt um die Advents- und Weihnachtszeit schmerzen mich die Erinnerungen an dieses Jahr ganz besonders.
Die grüne Kerze brannte während der Zeit als Gisela im Koma lag. Sie stand an Giselas Platz, wenn ich einsam in der Küche am Tisch saß. Zeichen der Hoffnung sollte sie sein. So wie damals, als nach dem Krieg Frauen Kerzen in die Fenster gestellt hatten, als Zeichen der Hoffnung für ihre vermissten Männer und Söhne. Mich schmerzt es, dass ich jetzt, in der Zeit der Lichter, keine Kerze der Hoffnung für Gisela ins Fenster stellen kann. Sie wird nie wieder kommen. Dieses „nie wieder“ ist so grausam, dass ich es kaum ertragen kann. Was würde ich dafür geben, wenn ich auf eine Intensivstation gehen oder nach Kipfenberg fahren könnte um sie dort zu besuchen, ihre Stimme zu hören, gemeinsame Zeit mit ihr zu haben ... Hoffnung haben könnte, dass alles wieder gut wird.
Ich schreibe das unter Tränen, denn es wird nie wieder sein. Ich vermisse sie, ihr fröhliches Wesen, ihre klare Art, ihre scheinbare endlose Liebe zu mir und denen die sie geliebt hat. Trotzdem, die grüne Kerze der Hoffnung brennt. Sie brennt als Zeichen der Hoffnung, die aus meinem Glauben und dem Glauben der Christen ihre Nahrung hat, dass unsere Verstorbenen leben - nicht nur in unseren Fotos und Erinnerungen. Sie lebt, weil Jesus es den Seinen versprochen hat: „Ich lebe und ihr sollt auch leben“ Johannes 14,19. Wie oft habe ich dieses Wort in diesem Jahr an Gräbern ausgelegt und damit Menschen getröstet. Darum möchte ich es auch mir zum Trost sagen, was in dem sich nun neigenden Jahr Jahreslosung war: Jesus Christus spricht: Ich lebe und ihr sollt auch leben. Gisela lebt! Sie lebt, so wie sie sich das gewünscht hat, beim Vater im Himmel und sie wartet dort auf mich, so wie sie mir das kurz vor ihrem Tod versprochen hat. Ich freue mich auf das Wiedersehen mit ihr.
Wie gesagt: der Rückblick auf 2008 ist für mich voller Schmerzen und hat mich oft an meine eigenen Grenzen geführt. Wiederholt wurde ich vom Notarzt mit Blaulicht ins Krankenhaus gebracht, weil mein Herz wohl spürte wie es mir ging und nicht mehr im Takt bleiben wollte.
Doch es geht weiter, das Leben bleibt nicht stehen auch wenn wir trauern und vermissen und keinen Schritt weiter nach vorne sehen wollen als den heutigen, höchstens den morgigen Tag. Alle Zukunftspläne für den Ruhestand, den ich in drei Jahren erreicht haben will, sind geplatzt. Ich weiß nicht wie es weitergeht.
Dankbar bin ich für Holger, Elisabeth und die drei lieben Enkelkinder. Sie sind ein Geschenk, ein Ort wo ich hingehöre. Dankbar bin ich auch für Cristin, die mir in den schweren Stunden nahe war und nahe ist. Dankbar bin ich für meine Geschwister, die sich auch in den letzten Wochen immer wieder erkundigt haben und mir nahe waren. Dankbar bin ich für meine Kollegin Ute, die mit mir um Gisela geweint und sie beerdigt hat; und still meine Arbeit mitmachte, wenn ich nicht mehr konnte, weil es bei Gisela auf Messers Schneide stand oder Gisela mich brauchte um wieder Mut zum Leben zu finden, als es ihr so furchtbar schlecht ging. Leider sieht das Ende anders aus als wir uns das gewünscht und erhofft hatten - Gisela ist beim Vater im Himmel. Dort hat sie es gut, all ihre Krankheiten und Schmerzen sind geheilt.
An Weihnachten hat es begonnen mit dem Kind in der Krippe, was dann am Kreuz vollendet und vollbracht wurde und in den Sieg an Ostern gemündet ist. Das will ich auch in diesem Jahr feiern, wie alle Jahre zuvor.
Ich wünsche mir und euch ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein bewahrtes Neues Jahr 2009
Gott segne euch
Euer
Siwo
10.12.2008
Weihnachten 2008
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