08.04.2021

Normalität in einer verrückten Woche

Einer der Herzenswünsche, vieler Menschen dieser Tage, ist der Wunsch nach Normalität. Dabei ist oft nicht ganz klar was wir uns unter Normalität vorstellen und wünschen: Dass es wieder so ist wie es vor Corona war und  die ständige Bedrohung  durch einen unsichtbaren Gegner ein Ende hat, gegen den umfassend noch kein Gegenmittel zur Verfügung steht. Viele wünschen sich das Leben ohne die doch belastenden Schutzmasken, ein Leben ohne Kontaktverbot mit anderen Menschen. Besuch eines Lokals, beim Frisör, eines bestimmten Geschäfts. Viele möchten sich in Ihren Gruppen treffen, dem Spielekreis, der Musikgruppe, im Chor, möchten ohne Abstand musizieren. Da ist das Sehnen nach Gottesdiensten, in denen wieder gesungen wird und unsere Kirchen voll sein dürfen.

Trotzdem: In dieser schweren Zeit gibt es trotzdem immer noch so etwas wie Normalität. Wir haben uns darauf eingestellt, wie wir, auch in schwierigen Zeiten, mit einander leben können und leben müssen.

Großbrand im Heizkraftwerk

Die vorige Woche war für uns aber eine Woche, in der alles an Normalität zusammengebrochen war was wir noch hatten. Begonnen hat es, am Dienstag, 09.02., mit einem Großbrand im uns nahen Heizkraftwerk Franken. Folge: Katastrophenalarm, Wärmedrosselung der Fernwärme auf 15°. Unsicherheit wie kalt es in unseren Wohnungen noch werden wird (mit -16° Außentemperatur wird gerechnet). Unsere erste Reaktion: Organisation von Stromheizgerät. Cristin, Abbruch von Homeoffice, nach entsprechendem Tausch, zurück in die warme Firma. Ich bleibe, mit warmen Sachen, in unserer Wohnung und halte die Stellung.

Handyfunknetze gestört

Fortsetzung im Verlust von Normalität war der Zusammenbruch des Handynetzes in unserer Region. Die Funknetze auf dem abgebrannten, 60 Meter hohen Heizkraftwerk, konnten nicht mehr senden und empfangen. Plötzlich merkten wir unsere Abhängigkeit von solchen Dingen, wie ein funktionierendes Handy.

Anrührende Begegnung

Mittwoch: Draußen wird es immer kälter. Nach der Verabschiedung  von Cristin an unserer Wohnungstür, sie fährt  in der Dunkelheit  so gegen 6:15 Uhr in ihre Firma, saß, als ich die Türe wieder geschlossen hatte, eine winzig kleine, süße Fledermaus, mit ausgebreiteten Flügeln, am  Fußboden. Sie schaute mich mit ihren kleinen, traurigen, kindlichen Augen an und redete mit mir, in einer Sprache die ich nicht verstand. Ich hatte den Eindruck, dass sie mich fragte ob ich ihr helfen könne. Völlig überfordert hatte ich erstens keine Ahnung was ich jetzt machen könnte und zweitens von Fledermäusen. Wusste auch nicht wo ich Unterstützung und Hilfe bekommen könnte. Da lag aber die Rolle, unten an der Eingangstüre, welche vor der kalten Außenluft schützt. Die kleine Maus klammerte sich daran fest und ich konnte sie so vor die Türe in die Freiheit setzten, in der Hoffnung, dass sie wieder zu ihrer Familie fliegt. Problem erledigt. Am PC kümmerte ich mich anschließend um mein Nichtwissen, was den Umgang mit Fledermäusen betraf.

Besuch von der Feuerwehr

Am Abend waren wir unterwegs. Ich erzählte Cristin von der kleinen Fledermaus und wie diese in mein Herz gesprochen hatte. Als wir im Dunkel nach Hause kamen und das Licht einschalteten, flog, knapp an unseren Köpfen vorbei, eine Fledermaus direkt in unser Wohnzimmer. Türe zu. Sie war drinnen und wir konnten überlegen was zu tun sei. Die Feuerwehr war hilfsbereit und schickte zwei Beamte, die erzählten, dass sie bereits in einer anderen Wohnung eine Fledermaus eingefangen und ins Tierkrankenhaus gebracht  hatten. Sie suchten  alle Ecken unseres Wohnzimmers ab ohne die Maus zu entdecken. Nach einer guten Stunde rückten sie ab, nachdem sie uns Ratschläge gegeben hatten was zu tun sei wenn unser Gast wieder auftaucht.

Meister des Versteckens

Donnerstag:  Cristin hängt sich ans Telefon und bekommt über das Tierkrankenhaus Kontakt zu einer Lehrerin, die eine Fledermausauffangstation betreut. Diese war sofort bereit, uns am Nachmittag zu besuchen um nach der Fledermaus zu suchen. Folge ihres Besuchs war, dass wir alles aus unserem Wohnzimmer räumten. „Diese kleinen Zwergfledermäuse sind Meister des Versteckens“ so das Credo unserer Beraterin.

Alles muss raus!

Freitag: Cristin ist bis Mittag im Büro. Am Nachmittag räumten wir alles aus unserem Wohnzimmer, stapelten es im Gang und in meinem Arbeitszimmer,  durchsuchten jeden Winkel, Couch, Standuhr, auf den Schränken und hinter den Schränken, nichts! Später kam unsere Beraterin aus der Auffangstation vorbei, nachdem Christin hinter dem Wohnzimmerschrank ein Geräusch gehört hatte, das sich anhörte wie das Klagen der Fledermaus. Mit langen Stangen und gebündeltem, starkem Licht suchte sie hinter unseren Schränken. Nichts! Wir hatten jeden Winkel des Wohnzimmers umgedreht. Ich war inzwischen sicher, dass die Maus nicht mehr da war, wollte endlich wieder Normalität in meinem Leben – es nervte einfach nur. Cristin ließ sich trotzdem von ihr zeigen, wie sie die Fledermaus mit den Hilfsmitteln, die unsere Beraterin mitgebracht hatte, fangen könnte. Wieder kam ihr Credo: „Diese kleinen Zwergfledermäuse sind Meister des Versteckens“. 

In der folgenden Nacht schlief Cristin nicht in ihrem Bett, sondern ruhte im Wohnzimmer um das Tierchen einzufangen wenn es aus seinem Versteck herauskäme. Es geschah nichts!

Ein bisschen Normalität 

Am nächsten Morgen, inzwischen war es Samstag geworden, fing die völlig übermüdete Cristin an, alles, was wir noch nicht in den Fingern hatten, umzudrehen, auch den kleinen Schrank mit ihrer Videosammlung aus- und wieder einzuräumen. Nichts. Dann gingen wir zum Einkaufen fürs Wochenende. Es tat wohl wieder so etwas wie ein bisschen „Normalität“ zu spüren.

Noch eine Nacht in der verrückten Woche

Wir waren wieder allein, warteten auf die Nacht, weil Fledermäuse nachtaktive Tiere sind. Inzwischen hatten wir beide nur noch den einen Wunsch, dass wieder Normalität in unser Leben einziehen sollte. Um der Fledermaus die Möglichkeit zu geben aus ihrem Versteck herauszukommen, löschten wir alle Lichter in unserer Wohnung, bewaffneten uns mit Taschenlampen und setzten uns ins Arbeitszimmer, um dort einen Krimi anzuschauen. 

Antonia ist gerettet

Cristin wollte noch etwas in der Küche holen, kam aufgeregt wieder: „Die Fledermaus fliegt im Wohnzimmer“. So standen wir im Wohnzimmer, wurden von der Fledermaus umkreist. Nirgendwo setzte sie sich nieder,  so dass man sie hätte fangen können. Unsere Nerven waren auf das Äußerste gespannt. Endlich saß sie auf der Fensterbank zwischen den Blumen. Cristin war bei ihr, rief mir zu: „Das Tuch, schnell das Tuch, das Tuch, das Tuch!“  Hektik brach aus. Es war aufregend. Ich brachte ihr das Tuch, das uns die Fledermausexpertin dagelassen hatte, Cristin warf es über die Fledermaus und wickelte sie darin ein. Dann steckte sie das Tier in die Transporttasche und rief unsere Beraterin an, die erleichtert kam, das kleine Tier in die Hand nahm und untersuchte. Es hatte in unserer Wohnung  nicht gelitten, war gut genährt (wir vermissen eine Spinne, die sich im Wohnzimmer aufgehalten hatte),  litt keinen Durst und war ein Weibchen (eine Antonia, so hatten wir sie schon vorher getauft, Anton oder Antonia – wahrscheinlich wird sie uns im Frühjahr wieder besuchen). 

Wieder Normalität

Nun hatten wir wieder unsere Normalität, die Heizung ging, die Türen konnten in unserer Wohnung wieder offen bleiben, da die Fledermaus nicht mehr bei uns unterwegs war, sondern in Richtung Auffangstation zu ihren Artgenossen, um dort in Ruhe zu überwintern. Nur das Handy geht immer noch nicht, und Corona ist weiterhin allgegenwärtig.

Nürnberg, 15.02.2021 

Weinachtsbrief 2020

Ihr Lieben,
wieder geht es auf Weihnachten zu, dem Fest der Liebe. Es ist für mich die Zeit, den traditionellen alljährlichen Weihnachtsbrief zu schreiben. 

In diesem Jahr fällt mir das besonders schwer. Unsere Welt scheint in Flammen zu stehen: Messerattentate und Erschießungen Unbeteiligter auf offener Straße, Enthauptungen in Kirchen, Überfälle auf Synagogen, Kriege und neue Kriegsgefahren. 

Wir leben in einer schwierigen Zeit. Fühlen uns „eingesperrt“ in unsere Wohnungen. Durch das Grundgesetz garantierte Freiheiten sind außer Kraft gesetzt. Vieles ist nicht möglich: Besuche (nur eingeschränkt), Hauskreise, Essengehen in einem Lokal, Theater, Konzerte, Musikproben (nur eingeschränkt), Sportveranstaltungen, Bummel auf dem Christkindlesmarkt hier in Nürnberg. Vielen Menschen „fällt die Decke auf den Kopf“. Man geht mit Masken im Gesicht zum Einkauf, viele haben dabei Angst sich anzustecken. Der Schulunterricht mit Masken und offenen Fenstern wird zur Tortur. Wir spüren, dass wir in einer anderen Zeit, in einer anderen Gesellschaft leben. Gerne hätten wir unser altes Leben zurück. Stattdessen bricht vieles plötzlich auf. Es macht uns unsicher und durchaus auch ängstlich. Ich bin erschrocken über wachsendem Egoismus, Radikalismus, Lieblosigkeit und Gewalt unter uns. Zusammen mit der Covid-19-Infektion macht sich solches in unserer Gesellschaft scheinbar immer mehr breit.  

Trotzdem, es wird Weihnachten! Für uns ein ganz besonderes Fest. Manchmal zweifle ich aber daran, dass es, über den Sinn des Weihnachtsfestes, in unserer Gesellschaft noch ein tragendes  gemeinsames Verständnis gibt. Für viele ist Weihnachten Konsum, das festliche Essen, die Geschenke, Besuche bei Eltern und Geschwistern und vielleicht der jährliche Gottesdienstbesuch in einem der festlichen Weihnachtsgottesdienste. Wie wird es dieses Jahr wirklich sein? Werden wir von Herzen, wie wir es gewohnt sind, feiern können? Wohl kaum! 

Allein der Gedanke an den Heiligen Abend lässt tiefen Frust in mir aufkommen. In unserer kleinen, feinen Dorfkirche wird es aus Hygienegründen und dem damit verbundenen Platzmangel, keinen einzigen Gottesdienst in der Heiligen Nacht geben. Draußen auf dem Land, in verschiedenen Dörfern und Scheunen, wird sich die Gemeinde treffen. Unsere kleine Kirche bleibt dunkel, kein Krippenspiel durch Kinder und Jugendliche, keine Lichterkerzen am Christbaum, keine festliche Musik durch den Posaunen- und Kirchenchor, der feierliche Glockenklang bleibt aus und die Orgel stumm. Für mich als Gemeindeorganist schon sehr fatal. 

Corona hat uns fest im Griff und wir hoffen trotzdem davor verschont zu bleiben. Wir spüren Angst um uns und unsere Lieben, Unsicherheit wie es weitergehen wird. Viele plagt die Sorge, nicht mehr alles Lebenswichtige kaufen zu können. Wieder wird in den Geschäften gehamstert, wieder, wie im Frühjahr, vor allem Klopapier und Küchenrollen. Haben wir wirklich solch einen „Schiss“, dass wir uns davor fürchten, nach dem Toilettengang kein Papier mehr zur Verfügung zu haben?

Ja, in gewisser Weise kommen wir wirklich seit Monaten zu kurz. In unserer kleinen St. Jakobuskirche in Oberweihersbuch sind, aufgrund von Hygienevorschriften, lediglich 35 Sitzplätze ausgewiesen. Für eine lebendige Dorfgemeinde viel zu wenige. Das Gemeindehaus ist aus gleichem Grund gesperrt. Gerade in solch schwierigen Zeiten ist das für eine Gemeinde verheerend. Viele alte Menschen und Alleinstehende vereinsamen, verlieren ihre Kontakte, auch zu ihrer Gemeinde. Selbst das Treffen unseres Hauskreises fällt unter die strengen Kontaktverbote. Wir sitzen in unseren Wohnungen und sehnen uns nach denen, die uns etwas bedeuten. Seit Pfingsten versucht unsere Gemeinde, über ihren YouTube-Kanal, Kontakte aufrecht zu halten, mit wöchentlichen Kurzansprachen durch unsere Pfarrerin und auf unserer Orgel gespielter Musik mit Chorälen und Liedern.

Wie gehe ich als Christ mit dieser Situation um? Immer wieder stelle ich mir die Frage, ob das wirklich alles so in Gottes Hand ist. Ich weiß und glaube es, dass uns kein Haar ohne sein Wissen vom Haupt fällt. Wer ist es also, der unser Leben so total umkrempelt? Ein Virus, nur ein winziger kleiner, für unsere Augen nicht sichtbarer Virus? Ich kann mich trotzdem nicht der Frage erwehren, ob es ein Gericht, ein Rufzeichen dessen ist, der die ganze Schöpfung in seiner Hand hält, durch dessen Wort alles geschaffen ist? Was will er uns sagen, mit dieser den ganzen Erdkreis umspannenden Pandemie, die so viel Leid mit sich bringt? Er ist doch der Liebhaber des Lebens, ein Vater, der uns beim Namen ruft, beschützt und auf uns wartet. Ich will darauf vertrauen, dass Gottes Liebe auch in dieser unsicheren Zeit einen Weg für uns hat.  

Weihnachten, viele von uns feiern es als Fest der Liebe, weil Gottes Sohn, vor mehr als 2.000 Jahren, in Jesus, in einem Stall geboren, auf diese Welt gekommen ist. Könige haben den Stern am Himmel als Zeichen seiner Geburt gesehen, den Hirten auf dem Felde wurde durch Engel Jesu Geburt verkündet: “Euch ist heute der Heiland geboren.“ Sie sind zum Stall geeilt, um zu sehen was da geschehen ist und sie fanden das Kind in der Krippe, Jesus, Gottes Sohn. Durch ihn wurde Gottes Liebe und Macht für uns sichtbar: Blinde sehen, Lahme gehen, Tote stehen auf. Uns wird die frohe Botschaft von Gottes Liebe verkündet: die Bezahlung für unsere Verkehrtheit und unsere Schuld. Dafür stirbt der Gottessohn, Jesus, einen grausamen Tod am Kreuz. Drei Tage liegt er im Grab. Dann bezwingt Jesus den Tod, der sich an ihm, dem Sündlosen („Der Sünde Sold ist der Tod.“ Röm 6,23), vergangen hatte. „Ich lebe und ihr sollt auch Leben!“(Joh 14,19), das ist seine Nachricht an uns. Darum erwarten auch wir im Glauben unsere Auferstehung zum ewigen Leben in Gottes Herrlichkeit, in der Jesus bei uns wohnt und „der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen“. (Offenbarung 21,4)
Weihnachten wird in diesem Jahr anders sein als wir es bisher gewohnt sind. Ich hoffe, dass daraus auch für uns etwas Neues, eine neue Chance, wachsen kann. 
Ich wünsche Euch allen ein frohes Weihnachtsfest. Bleibt behütet.


07.04.2021

Der Mars

 Neugierig sind wir schon. Neugierde kann ein starker Antrieb sein nachzufragen, zu forschen und auszuprobieren was möglich ist – auch die eigenen Grenzen zu testen.


Gestern, Landung von Wissenschaftsmaterial und -geräten auf dem Mars, um zu erforschen ob es dort Leben gibt oder gab. Respekt, die Landung auf dem erdähnlichen Planeten, eine technische  und wissenschaftliche Meisterleistung, hat geklappt.

Trotzdem bleiben für mich Fragen. Vor allem Fragen nach dem Sinn und Nutzen solcher Erforschungen. Neugierde in allen Ehren. Wissenschaftliche Herausforderung für wen, für was, mit welchem Wert? Ich kann es, ohne mit der Wimper zu zucken, als einen völlig sinnlosen Unfug abtun. Es macht keinen Sinn, Möglichkeiten zu suchen, zu erforschen, unter welchen Bedingungen Menschen in der Lage sein könnten, eines Tages auf dem unwirtlichen Mars zu leben. Die Begleitmusik für eine solche Mission, wird für unser Leben, das Zusammenleben hier auf Erden,  eher schrill und ungenießbar klingen.

Menschen, nach Gottes Ebenbild geschaffen, sind Erdlinge, für das Leben auf der Erde geschaffen. Was wollen wir also dort, wo Bedingungen für menschliches Leben nicht vorhanden sind? Da fällt mir ein sehr irdischer Spruch ein: „Wenn es dem Esel zu wohl ist, dann geht er aufs Eis“. Es ist sehr dünnes, zu dünnes Eis dort, für das Leben eines Menschen auf dem Mars.

Allein die Forschungsexpedition Mars der NASA wird auf rund 17 Milliarden Dollar geschätzt. Ich überlege, ob es nicht sinnvoller wäre, diese, horrende Summe und die dafür aufgewendete Intelligenz, für die Lösung unserer drängenden irdischen Probleme zu investieren. Mir fallen auf Anhieb der Hunger in der Welt oder unsere ökologischen und klimatischen Probleme ein, die unsere Erde zusehends zerstören.

Aber wir, Cool, wie wir sind,  pflegen den Menschheitstraum vom Leben auf dem Mars. Wir sind bereit dafür Leben einzusetzen, um in unwirtlichen und menschenfeindlichen Verhältnissen zu überleben. Wir geben für diese Utopie Unsummen an Vermögen und Ressourcen aus – und sind auf der anderen Seite bereit, auch dafür unsere wunderschöne Erde auszuplündern und zu zerstören. Es will mir nicht in meinen Kopf gehen.

Unser Schöpfer hat für uns, seine Menschen, einen wunderschönen Garten erschaffen, mit allem was der Mensch braucht um Leben zu können und glücklich zu sein. Er will, dass wir diese Schöpfung für uns nutzen und bewahren. Nutzen und nicht ausnutzen, durch anhäufen von Dingen wie Luxus, Wohnungen und Häuser mit denen wir persönliches Prestige wahren wollen; und dem ansammeln von gewaltigem Vermögen, das uns Macht und Einfluss ermöglicht. Wir brauchen solches bestimmt nicht zu einem sorgenfreien und glücklichen Leben.

Ich bin gewiss, dass wir auch den Mars nicht brauchen. Vielmehr erinnert mich das sehr an die biblische  Geschichte des Turmbaus zu Babel: Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen, dessen Spitze bis an den Himmel reiche, dass wir uns einen Namen machen; denn wir werden nicht über die ganze Erde zerstreut, weil der Turm unser Mittelpunkt ist und uns zusammenhält“. (1. Mose 11,4) Wollen wir uns, mit unserem Mars-Projekt, auch einen solchen Namen machen? Gottes Antwort: Da fuhr der HERR hernieder, dass er sähe die Stadt und den Turm, den die Menschenkinder bauten“. (1. Mose 11,5) Gott muss erst aus dem Himmel herabfahren um das „großartige Werk“  überhaupt zu sehen und zu besichtigen, auf was sich Menschen so viel einbilden und erhoffen, damit ihr Schicksal beeinflussen zu können und ohne Gott, durch einen Turm stark zu sein und Zusammenhalt zu haben. 

Jetzt, tausende Jahre Menschheitsgeschichte später, hat sich wohl im Wesen der Menschen nicht viel geändert. Man will sich einen Namen machen. Das kann man im Jahre 2021, indem man zum Mars fliegt. Man braucht Gott nicht mehr und auch nicht seine Erde. Sie dient lediglich als Ersatzteillager für den Aufbau einer neuen Wohnstätte des Menschen. 
 
Amerika, Europa, Russland, Japan und Arabische Emirate machen sich auf, um sich auf dem Mars einen Namen zu machen. Man ist wer, wenn man es schafft mit einem Satelliten den Erdnahen Planeten zu umkreisen oder gar einen Forschungssatelliten in einer Umlaufsbahn zu postieren. Und man ist die Nummer 1 unter den Völkern, wenn man, wie Amerika mit der Nasa, als erstes Land Forschungsgeräte auf dem Mars platziert. So entscheidet sich unter uns, wer der Größte unter den Nationen ist, wer etwas zu sagen hat, weil er das beste Know-how hat.

Sinnlos scheint mir das, denn mit dem uns gegebenen Know-how haben wir bisher unsere irdischen Probleme nicht nachhaltig gelöst, vielfacht gar nicht erst  eine Lösung versucht. Oder träumen wir in unseren heimlichsten Gedanken davon, eine unbewohnbar gewordene Erde, in, was weiß ich, so und so viel hunderten oder tausenden Jahren zu verlassen, um auf dem Mars, in einer von uns geschaffene Kolonie, bzw. einer besseren „Erde“ zu leben? 

Dann wären wir die Größten und könnten gottähnlich einen, nach menschlichen Maßstäben gestalteten, perfekten Planeten bevölkern. Mir graut vor so viel Hochmut und Selbstüberschätzung. Ich hoffe sehr, dass mir meine Fantasie bei diesen Gedanken durchgegangen ist.

In meinen Augen ist die gesamte Marserforschung völliger Unsinn, dem Größenwahn des Menschen und der Nationen dieser Erde geschuldet. Doch er, der im Himmel thront, lacht, der Herr verspottet sie.“ Psalm 2,4 

Die Rechnung für unseren Größenwahnsinn werden wir, unsere Kinder, Enkelkinder und deren Kindeskinder noch bezahlen, weil wir oft genug das bitter Notwendige: Stillung des Hungers auf unserer Erde, ihre gedankenlose, brutale Zerstörung  um schändlichen Gewinns willen, sowie die Lösung der ökologischen und klimatischen Probleme, wie auch die Verschmutzung der Meere, nicht mit aller unserer Kraft und der Einigkeit aller Völker und Nationen angegangen sind. 

Wir werden dafür bezahlen, dass dir die Erde oft rücksichtslos und aus Eigennutz benutzt und wenig bewahrt haben. Gott der HERR nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte. (1. Mose 2,15)

In schwerer Zeit - Gedanken zur Jahreslosung 2020

 „Ich glaube, hilf meinem Unglauben“ Markus 9,24 

Jahreslosung 2020

Ein Vater steht vor Jesus, dessen Kind von Geburt an von einem Anfallsleiden geplagt wird. Jesus geht mit ihm seelsorgerlich um, fragt behutsam nach. 
Seine Jünger konnten dem Kind nicht helfen. Jetzt bittet der Vater Jesus um sein Erbarmen, um Heilung, wenn er was kann. Jesu Antwort: "Du sagst: Wenn du kannst! Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt." Dem Vater wird in diesem Moment klar worauf es ankommt: Jesus zu vertrauen und Glauben einzusetzen, dass Jesus wirklich was kann. Voller Entsetzen über die Erkenntnis seines Unglaubens schreit er: 

"Ich glaube, hilf meinem Unglauben!" 

Wie geht es uns damit? Lassen wir es sein, für uns und für andere zu Jesus zu schreien, weil wir nicht glauben können, dass dann wirklich etwas passiert? Ziehen wir uns lieber mit einem mitleidigen Blick zurück, aus Angst uns zu blamieren – oder vor dem was andere über uns denken könnten? 

Glauben heißt vertrauen, dem zu vertrauen, der die Dinge der Welt in seiner Hand hält - es ist nicht gemeint, dass wir unserem Unglauben vertrauen sollen. Den dürfen wir auch zu Jesus hinbringen: Hilf meinem Unglauben! 

Mir scheint es nicht ratsam zu sein, gutgläubig durchs Leben zu ziehen - allem und jedem zu vertrauen. Oft genug sind, zum eigenen Schutz, Zweifel angebracht, ganz besonders in solchen Zeiten, wo so genannte "Fake News" hohe gesellschaftliche Akzeptanz genießen.


Und jetzt ein paar Monate später, nachdem ich diese Gedanken zur diesjährigen Jahreslosung niedergeschrieben habe, stehen wir Mitte März in extremster Situation seit dem 2. Weltkrieg. Ein neues, unbekanntes Virus, das aus China eingeschleppt wurde und Weltweit wütet, stellt uns vor Herausforderungen, die wir kaum bewältigen können. Folgen: Weltweit zehntausende Tote. Bei uns ein zusammenbrechendes Gesundheitswesen und ebenso unsere blühende Wirtschaft. Angst, Hamsterkäufe, leere Regale bei Diskountern (vor allem bei Klopapier, Seife und Desinfektionsmittel). Versammlungsverbote, Ausgangssperren, geschlossene Gaststätten und nicht für das Überleben notwendige Geschäfte. Wir sitzen in unseren Wohnungen und Häusern und haben unendlich viel Zeit. Viele sind allein, ganz allein. Besuche sind, um uns zu schützen, verboten.

Ich glaube, hilf meinem Unglauben! Was soll ich glauben, was darf ich glauben? Dass wir alle irgendwie diese verheerende Situation schaffen werden? 
Unsere Kirchen sind geschlossen, Gottesdienste von der Regierung verboten. Wo sollen wir in dieser Situation Trost finden und uns getragen wissen, wo wir doch keinen Zugang mehr zu
unseren christlichen Gemeinden haben? 

Welch ein Gericht geht da über uns hinweg! Ein Ruf zur Umkehr, aus unserer Gottvergessenheit? Ein Ruf zur Buße? Steht hinter allem unser liebender Gott, der uns nach seinem Ebenbild geschaffen hat und uns wieder zur Umkehr auf seinen Weg rufen will? Der uns erkennen lässt, wem wir in all den Jahren unseres unermesslichen Wohlstands gedient haben: Uns selbst, unserem Egoismus, der politischen Rechthaberei, der Verachtung unseres Nächsten. Wie können wir gnadenlos Menschen, die auch als Ebenbild Gottes geschaffen sind, aus ihren Städten bomben, vertreiben und ihnen auf ihrer Flucht kein menschenwürdiges Obdach gewähren, sondern wie wilde Tiere zusammenzupferchen und als lästige Fremde zu verachten. 

Ich will es Glauben, dass Jesus uns, mit seiner Liebe, dazu überwältigen kann mit dem Herzen zu sehen und nicht mit all den angelernten Vorurteilen und der Angst, die doch nur noch auf sich selbst schauen kann. Lasst uns jetzt die Hände falten und vor Gottes Thron treten, zu dem wir durch Jesus Christus, unserem auferstandenen Herrn und Heiland, Zugang haben, die zunehmende Gottvergessenheit in unserem Volk bekennen und um Vergebung bitten. 

Bei Jesus finden wir den Weg, die Wahrheit und das Leben (Joh 14,6). Ich glaube, hilf meinem Unglauben (Mk 9,24). 

Elke Werner schreibt: 
"Glauben heißt Gott zu vertrauen, Ihm alles zuzutrauen. 
Auch gegen die menschliche Vernunft zu vertrauen. 
Es heißt die Wunder Gottes zu erwarten und zu erleben." 

22. März 2020
Werner Otto Sirch

Beten ist gefährlich

Zugegeben, als freundliche Einladung, es wieder einmal mit dem Beten zu versuchen, habe ich diese Behauptung, die ich neulich gehört habe nicht gerade empfunden. Es drängt sich mir die Frage auf, von welcher Art ein Gebet wohl sein muss, damit es als "gefährlich" bezeichnet werden kann. Und da gibt es ja recht unterschiedliche Weisen zu beten.

Am weitesten verbreitet ist wohl die Vorstellung, Beten "sei sprechen zu Gott". Da ist gewiss etwas Wahres dran, wenn die gesprochenen Worte aus tiefstem Herzen kommen. Aber bei dieser Weise des Betens kann es auch geschehen, dass ich in einem riesigen Wortschall auf Gott einrede, mit dem Herzen aber ganz woanders bin. Mit meiner Fülle an Worten liege ich zwar Gott in den Ohren aber meine eigenen Ohren aber sind verschlossen und nicht auf Empfang gestellt.
Diese Beten, das als reines Lippenbekenntnis ein reiner Monolog ist, wird ohne verwandelnde Kraft für mein Leben bleiben, da ich diese Verwandlung auch überhaupt nicht begehre. Deshalb kann ein solches Gebet als völlig ungefährlich eingestuft werden. 

Gefährlicher wird es schon, wenn das Gebet ein dialogisches Geschehen ist. Ich wende mich als betender Mensch an Gott, lasse aber auch zu, dass sich Gott mir zuwenden kann. Dieses Gebet gleicht dann einem Gespräch von Person zu Person, bei dem der eine wie der andere auch zum Hörenden wird.

Brandgefährlich aber wird es, wenn ich beim Beten ganz zum Hörenden, ganz Ohr werde. Schweigend verweile ich dann vor Gott und warte auf dessen Wort. Vertrauensvoll lege ich mein Leben in Gottes Hand und bringe damit mehr zum Ausdruck, als Worte je ausdrücken vermögen. Mit dieser Selbstauslieferung verlasse ich den Boden der Berechenbarkeit und Planbarkeit meines Lebens. Nichts lässt sich mehr mit Sicherheit im Voraus bestimmen, da ich mein Leben nicht mehr selbst in der Hand habe. Es ist zu einem Abenteuer der Liebe Gottes geworden. Wer es wagt, sich ganz auf dieses Abenteuer einzulassen, wird mit dem eigenen Leben Zeugnis dafür ablegen, dass das Beten in der Tat gefährlich ist.

(Carmen Lenner, ev. Gemeindereferentin)