08.04.2014

Gemeinschaft - so viel du brauchst


Ansprache zum Konvent 2014 (Christian Krause, kursiv Werner Sirch)
3.4.2014 St. Leonhardt in Nürnberg

Liebe Brüder, liebe Schwestern,

Gemeinschaft – so viel wir brauchen, das ist das Thema das uns heute bewegen will. Gemeinschaft, ein schwieriges Wort. Man sagt, dass der Mensch ein Gemeinschaftswesen ist, auf ein Gegenüber angewiesen.
Und doch, so denke ich, will und kann der Mensch auch allein leben. Es gibt immer mehr Singlehaushalte bei uns.
Der moderne Mensch will unabhängig sein, nicht so stark gebunden.

Die Bibel meint: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei …“

Es scheint also doch so zu sein, dass der Mensch auf Gemeinschaft angelegt ist.
Gott schenkt dem Menschen das Gegenüber nach dem er sich sehnt. Seine Frau und später eine Familie.Schon vor meiner Geburt bin ich in eine Gemeinschaft eingebunden …
…du denkst an deine Mutter?

Ja, und nach meiner Geburt werden es immer mehr und unterschiedlichere Gemeinschaften, je älter ich werde. Da sind meine Familie, die Eltern, die Geschwister – naja, auch der Hund und die Katze – und die anderen, die mich mögen oder ärgern.

Klar, der Kindergarten mit den Spielkameraden, die sich jetzt schon zu Konkurrenten entwickeln können, mit denen man so manchen Streit ausfechten muss; wo gelernt werden kann zu kooperieren oder sich durchzusetzen. Und da ist auch die geliebte Kindergärtnerin, die so viele schöne Dinge mit uns macht.

Und dann kam die Schule. Für mich ein Horror. Eigentlich war ich neugierig auf Neues. Vieles aber interessierte mich nicht. Zum Beispiel Schreiben, wenn mir dann wieder die Schiefertafel ausgeputzt wurde, weil meine Buchstaben krumm und bucklig waren. Das hat keinen Spaß gemacht. Oder: Gemeinschaft mit den Klassenkameraden, die mich ausgelacht haben, weil ich unsportlich war, die mich wegen meiner lockigen Haare als Negerbubi verspottet haben und regelmäßig nach der Schule verkloppten – alle auf einen. Hör mir auf mit Gemeinschaft – so hätte ich sie jedenfalls nicht gebraucht.
Gab es da nicht auch Dinge, die du gerne gemacht hattest? Gruppen wo du gerne hingegangen bist, wo du Spaß an der Gemeinschaft hattest, Freunde auf die du dich verlassen konntest?

Doch, natürlich. Die Musikgruppe, wo wir gemeinsam musiziert haben. Oder die Jugendgruppe in der Gemeinde, wo ich die Geschichten von Gott hören und mit den anderen spielen und basteln konnte.
Wie gings dir dann, als du in Rummelsberg angefangen hattest?

Wieder eine Gemeinschaft mit vielen verschiedenen Menschen. Eine Brüderschaft.Das war gar nicht witzig. Ich hatte viel Angst. Noch nie war ich zuvor allein so weit von zu Hause weg. Aber ich wollte gehorsam sein, weil mich Gott auf diesen Weg nach Rummelsberg geführt hatte. Da war eine Berufung, der ich nicht ausweichen konnte. - Und dann war hier wieder Schulde, die ich doch so sehr hasste, und eine Brüderschaft, die mir irgendwie suspekt war. Daheim hatte ich schon die Gemeinschaft mir vier Brüdern – und jetzt noch so viele dazu. Ein hoher Anspruch an mich, die Dienst-, Sendungs- und Lebensgemeinschaft, die mich in gewisser Weise auch überforderte.
Doch, das kann ich schon verstehen. Eigentlich wolltest du Diakon werden und für Gott in seiner Kirche arbeiten.Richtig!

Aber das ging nicht ohne die Brüderschaft. Die hatte aber für mich den Anspruch zum Inhalt, dass man seine Brüder lieben soll. „Liebt eure Brüder …“ steht in der Bibel. Aber die waren nicht immer zum lieben. (Manchmal hätte ich auch Feindesliebe gebraucht.) Ich hab mich ja oft selber nicht geliebt, da hätte ich Hilfe gebraucht. Es war eine raue Zeit.
Aber letztlich bist du doch in diese Brüderschaft hineingewachsen, mit all ihren Ansprüchen und den vielen guten Möglichkeiten.Stimmt! – Es gibt eben auch Wunder.

Ich versuche für mich zu verstehen:
Warum brauche ich Gemeinschaft?
• Damit ich nicht verhungere
• Damit ich nicht allein bin wenn ich mich fürchte
• Damit ich abschauen kann wie's Leben funktioniert (oder wie man's besser nicht macht)
• Damit ich mich entwickeln kann
• Damit ich erfahre: Du bist von Gott geliebt, angenommen, so wie du bist

Warum brauche ich die Rummelsberger Gemeinschaft, die Brüderschaft?
Brauche ich sie (wie das salopp manchmal gesagt wird) als
- effektive "Gewerkschaft", um Forderungen durchzusetzen?
- Stellenvermittlungsagentur?
- Ideenbörse?
- Vertretung und Hilfe in Konfliktfällen?

Liebe Schwestern und Brüder,
Lasst uns am heutigen Konventstag darüber nachdenken:
Warum und wozu ich Gemeinschaft brauche, Gemeinschaft mit den Brüdern und Schwestern  -  gerade weil ich einen geistlichen Beruf habe?
Darüber nachzudenken, darüber zu sprechen, ist, wie ich meine eine lohnende, bestimmt auch hilfreiche Aufgabe beim Konvent.

Zum besonderen unserer Brüderschaft, unserer Gemeinschaft gehört, und das ist gleichzeitig auch Auftrag an uns, wie es in der Apostelgeschichte 2, 42 geschrieben steht:

„Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet.“ Den Menschen, die uns anvertraut sind, das Evangelium, die frohe Botschaft zu verkündigen und das Heilige Abendmahl zu feiern. Und das wollen wir jetzt mit einander tun. Amen.