Predigt am 4. Advent 2013 in Fürth-St. Paul
22.12.2013
Jesaja 52,7-10
Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße der Freudenboten, die da
Frieden verkündigen, Gutes predigen, Heil verkündigen, die da sagen zu
Zion: Dein Gott ist König!
8 Deine Wächter rufen mit lauter Stimme und rühmen miteinander; denn
alle Augen werden es sehen, wenn der HERR nach Zion zurückkehrt.
9 Seid fröhlich und rühmt miteinander, ihr Trümmer Jerusalems; denn der HERR hat sein Volk getröstet und Jerusalem erlöst.
10 Der HERR hat offenbart seinen heiligen Arm vor den Augen aller Völker, dass aller Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes.
Liebe Gemeindeglieder,
liebe Schwestern und Brüder,
1. Vorwort – Wach auf
1 Wach auf, wach auf, Zion, zieh an deine Stärke! Schmücke dich herrlich, Jerusalem, du heilige Stadt!
Mit diesem Weckruf beginnt das 52. Kapitel des Buches Jesaja, dem unser
heutiger Predigttext entnommen ist. Ein Weckruf, die Mutlosigkeit
abzuschütteln wie den Schlaf. Das Festgewand anzulegen, sich selbst und
der eigenen Stärke wieder etwas zuzutrauen. Zu suchen was mich stark
macht.
Die Worte dieses Weckrufs sind nicht Teil unseres heutigen
Predigttextes. Trotzdem möchte ich ihn in die Predigt einbeziehen, weil
ich viel Mutlosigkeit, geistliche Mutlosigkeit, in unserem Volk und in
vielen Gemeinden sehe. Wir brauchen es, dass uns immer wieder Mut und
Kraft zugesprochen werden, damit wir weitergehen können und uns nicht
kraft- und mutlos einem traurigen Schicksal ergeben und ratlos zusehen,
wie die Glaubenslosigkeit in unserm Volk weiter zunimmt.
Ratlos und traurig, so wie damals das Volk Israel, als es in
babylonischer Gefangenschaft war. Alles war zerbrochen, der Staat Juda
existierte nicht mehr, Jerusalem ist nur noch ein Trümmerhaufen. Dass es
so gekommen ist, war nicht nur eine Frage der damaligen politischen
Machtverhältnisse, sondern auch Gottes Gericht über sein abtrünniges
Volk.
2. Diagnose
Manchmal überlege ich, wie ich den geistlichen Zustand unseres Volkes
und unserer St. Paulsgemeinde beschreiben kann, ob er nicht auch so eine
Antwort Gottes ist. Vieles scheint ein Trümmerhaufen zu sein – hier
eine Gemeinde, die schwer in Bewegung zu bringen ist - dort ein Volk,
das sich zunehmend von seinen geistlichen Wurzeln abwendet. Eine
Gemeinde, die auf Distanz ist, die mutlos geworden ist und so manchen
Mitarbeiter auch mutlos gemacht hat. Ein Volk, das sein Heil bei allen
möglichen Göttern sucht. Am meisten schmerzt mich, dass unter uns so
wenig Hunger nach Gottes Wort ist, dass wir nicht mehr hören wollen was
uns Gott zu sagen hat. Die Folgen sind deutlich zu sehen. Im sozialen
Miteinander und im Besuch der Gottesdienste, beide nehmen stetig ab. Die
soziale Krise unseres Volkes, die sich in einer Ellenbogengesellschaft
zeigt, hinterlässt schlimme Spuren im Engagement und der Verantwortung
für andere, die sich den Nöten derer annimmt, denen es schlechter geht
als mir. Es hat sich Gleichgültigkeit und nachlassende Opferbereitschaft
breit gemacht. Es macht mich nachdenklich, dass 2007 bei der
Frühjahrssammlung der Diakonie noch 429 Euro gegeben wurden, das sind 7
Cent pro Gemeindeglied, 2011 waren es gerade noch 87 Euro, (1 ½ Cent pro
Gemeindeglied) 2012 und 2013 nichts mehr. Bei der Herbstsammlung waren
es 2007 noch 135 Euro und 2013 gerade noch 30 Euro. Eine kranke, mutlose
Gemeinde, die, in der Fürsorge und dem Engagement für andere, ihr müdes
Gesicht zeigt. Natürlich, ich weiß, dass Sie, liebe Gemeindeglieder,
sich hier und dort engagieren und ihr Scherflein an anderer Stelle
geben. Warum nicht Ihrer Gemeinde, damit sie anderen beistehen kann, wie
wir es von einer christlichen Gemeinde erwarten?
3. Die Boten
Und jetzt sind die Boten unterwegs. Auch die, die nach dem Gottesdienst
mit dem Licht aus Bethlehem in die Häuser unterwegs sind. Die Boten sind
unterwegs als Zeichen, dass doch noch nicht alles verloren ist. Sie
haben eine Nachricht gegen alle Mutlosigkeit, gegen den Schlaf, den so
mancher in unserer Südstadt schläft und damit überhört, dass auch für
ihn die Nachricht gilt: „Wach auf, wach auf! Wir sind doch kein
armseliger Haufen, der nichts mehr zuwege bringt. In uns ist Stärke und
Kraft.“ Wir können etwas bewegen, das uns allen gut tut, das neue
Hoffnung für die Zukunft schenkt und unseren Blick weglenkt von unseren
Befindlichkeiten, dem Neid, der Missgunst, dem sofort beleidigt sein und
dem ewig um sich selbst drehen.
Es ist eine freudige Nachricht, die uns die Boten verkündigen. Sie
eilen, sie rennen um diese Nachricht in kürzester Zeit in alle Häuser zu
bringen. Und diese Nachricht heißt: Gott kehrt zurück nach Jerusalem
und das Volk kehrt mit ihm zurück in die Heimat, in die Stadt Gottes
nach Jerusalem.
4. Gott kehrt zurück
Für uns, in der Südstadt, heißt diese freudige Nachricht: „Gott kehrt
zurück“. Zu jedem von uns. In unseren Herzen und Häusern wird Friede
sein. Was in uns, in unserer Gemeinde und in unseren Familien
zerschlagen und krank ist, wird heil werden. Gott bekennt sich mit
seiner Liebe zu uns. – Und diese Liebe zeigt sich auch durch die Hände
derer, die an den liebenden Gott glauben und in seinem Namen zupacken.
Die freudige Nachricht heißt: „Gott kehrt zurück“. Gott wird an der
ersten Stelle unseres Lebens stehen. Er ist der, der unser Leben
bestimmt, an dem wir uns orientieren und nach seinem Willen unsere
Entscheidungen treffen. Gott ist mein König.
„Gott kehrt zurück“, in unsere Gemeinde, schenkt ihr neues Leben. Es
wird sichtbar werden, dass Gottes Liebe in ihr wohnt, die all ihr Tun
und alles Engagement für andere bestimmt.
Wenn ich nur ein Prophet wäre, wie Jesaja, und das, dieser Gemeinde zusprechen könnte!
5. Fragen
So aber bleiben Fragen:
Unsere Gemeinde, ist sie hoffnungsfroh, dass Gott kommt und auch von ihr
Besitz nimmt? Die Müdigkeit und Resignation heilt? Können wir das
glauben? Wollen wir das? Höre ich Jubel und Freude weil Gott kommt?
Was höre ich? Nichts? Will ich es glauben oder fehlt mir der Glaube,
dass Gott den Trümmerhaufen der Mutlosigkeit und Resignation unserer
Gemeinde heilen kann?
Ich überlege, wie das Evangelium heißt das Gott unserer Gemeinde
zusprechen müsste, das Evangelium, das mich elektrisiert und in Bewegung
bringt? Wie heißt die frohe Nachricht, die unsere Gemeinde braucht,
damit sie das Exil verlassen kann und wieder dahin kommt, wo Gottes Wort
gepredigt wird und ihre triste Mutlosigkeit in Freude verwandelt wird?
6. Die Freudenboten
Was verkündigen die Freudenboten, die Prediger unserer Gemeinde, im
Auftrag Gottes? Haben sie eine schlechte Botschaft, weil sie von einer
großen Mehrheit dieser Gemeinde eher gemieden werden? Sind wir eine
Gemeine, deren Mehrheit sich nicht sammeln will? Oder ist es eine
langweilige Botschaft, eine Nachricht, die an der Realität unseres
Lebens vorbeigeht, eine Botschaft die mich nicht betrifft? Warum will
ich es nicht hören, wenn Gott mir sagt, dass er mich liebt, geliebt hat,
noch bevor ich im Leib meiner Mutter war? Warum will ich es nicht
hören, dass sich bei mir ändern darf, was mir die Ruhe und den Frieden
da drinnen in meinem Herzen raubt.
Kehr um! Kehr um aus dem Exil, komm zurück aus der Gefangenschaft, damit
Gott die Trümmer deines Lebens heilen kann. Das ist die Nachricht der
Freudenboten. Komm zurück in die Gemeinschaft dieser Gemeinde, sie
braucht dich. Gott will dich und die Trümmer dieser Gemeinde heilen.
Ich würde mir das so sehr wünschen, dass wir die traurige Distanz
innerhalb verschiedener Gruppen unserer Gemeinde aufgeben könnten und
uns gegenseitig zujubeln, dass wir diesen wunderbaren Gott haben, den
König aller Könige, der uns durch Jesus zu seinen Kindern gemacht hat.
Es schmerz mich, dass wir zur gleichen Zeit an unterschiedlichen Orten
Gottesdienst feiern und nicht in der Lage sind gemeinsam zu feiern.
Unsere Befindlichkeiten, unsere Vorbehalte sind groß, größer als unsere
Sehnsucht nach Gemeinschaft mit denen, die auch zur selben Gemeinde
gehören.
Dabei ist es eine dreifache gute Nachricht, die die Freudenboten dem Volk Gottes bringen und die uns allen gilt: Gott ist dein König! - Du bist mein Volk! - Tröstet, tröstet mein Volk!
7. Die gute Nachricht
Das sind heute unsere guten Nachrichten für unsere Gemeinde und für unser Volk:
Gott kommt! Gott kommt in die Trümmerhaufen unseres Lebens, so wie es
damals der Prophet verkündet hat, dass Gott in die Trümmerhaufen des
zerstörten Jerusalems kommt. Gott kommt! Das ist eine mächtige Botschaft
gegen die Finsternis der noch existierende Mächte und Kräfte.
Die Wächter jubeln, sie dürfen die Zeugen der Ankunft Gottes sein. Noch
sieht man die Ankunft Gottes nicht, aber man hört die Freudenrufe der
Wächter. Die Freudenboten sind’s die es laut hinausschreien und Frieden
verkündigen, Gutes predigen, Heil verkündigen, der Gemeinde sagen: Gott
ist dein König! Und es wird der Tag kommen, wo wir ihn sehen werden, den
wiederkommenden Jesus. Dann werden wir auf die Knie fallen und ihn,
unseren Retter, anbeten – und es wird alles gut werden.
Lasst uns die Ohren aufmachen, damit wir die gute Nachricht hören und in
unser Herz einlassen. Lasst uns bereit sein für sein Kommen. Lasst uns
neugierig und hungrig nach Gott werden und nicht mehr am Sonntagmorgen
zur Gottesdienstzeit im waren Bett liegenbleiben wollen, sondern hören
was uns unser König zu sagen hat. Lasst uns Gemeinschaft haben mit ihm,
der aus Liebe zu uns Mensch geworden ist, und mit denen, denen auch
seine Liebe gilt.
Unsere Welt ist immer noch von Trümmerhaufen gezeichnet. Das Kommen
Gottes ist unvollendet. Noch sind die Trümmerhaufen in unserem Leben
vorhanden. Noch steht unsere vollkommene Heilung aus. Das wird erst am
Ende der Zeiten sein, wenn Gott alles Neu macht, dann wenn das Böse
überwunden ist und die Sünde keinen Raum mehr hat.
Es ist Gottes Erbarmen mit seinem Volk, das uns schon jetzt hineinnimmt
in die Gotteskindschaft, auch wenn wir noch auf der Wanderschaft sind
ihm entgegen. Gott ist mit uns auf dem Weg. Und wir dürfen anfangen, mit
seiner Hilfe unsere Trümmerhaufen aufzuräumen. Er ist mit uns auf dem
Weg dorthin, wo wir dann als Geheilte ihn schauen werden von Angesicht
zu Angesicht. Amen.
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