Zur Fehlerkultur in Deutschland äußerte sich der Rektor der Rummelsberger Brüderschaft Karl Heinz Bierlein
Wer erinnert sich nicht an die roten Striche, Auslassungszeichen und Wellenlinien auf schulischen Probeblättern und Schulaufgabenbögen? Wer nur einen Fehler hat, bekommt die Eins, wer 15 Fehler hat, die Sechs. Das hat unser Leben nicht unwesentlich geprägt. Wir kennen nicht nur Rechen- oder Rechtschreibfehler. Das praktische Leben ist durchzogen von Fahrfehlern, Fehlfarben, Fehlschüssen, Fehlkonstruktionen und auch moralischen Fehltritten.
Der Halbleiterhersteller Motorola hat Methoden zur Fehlervermeidung entwickelt. Es sollen Produkte entstehen, die eine Fehlerfreiheit von 99,99966 Prozent garantieren. Bei Chips und Prozessoren sind selbst kleinste Fehler problematisch. Deshalb wird immer mehr Perfektion angestrebt. Gehen wir so auf ein fehlerfreies Zeitalter zu?
Wie gehen wir mit Fehlern in unserer Gesellschaft um? Im Gegensatz zu einem Perfektionswahn fordern andere den Aufbau einer Fehlerkultur. Was ist damit gemeint? Forscher haben 61 Nationen untersucht, wie sie in ihrem Kulturkreis mit Fehlern umgehen. Die Deutschen landeten auf dem vorletzten Platz. Fehler sind das letzte, womit man sich hier zu Lande beschäftigen will. Die Angst vor Fehlern, vorm Versagen und Scheitern ist groß: Deshalb wird vertuscht und geschwiegen. Aber wir verlieren enorme Chancen dadurch", so der Fehlerforscher Professor Frese.
Dabei wissen wir: Niemand macht einen Fehler absichtlich. Aber wenn er unter den Teppich gekehrt wird, dann wächst das Ding und verbreitet sich wie ein Virus. Die Worte einer Lehrerin klingen mir noch im Ohr: "Du darfst jeden Tag einen neuen Fehler machen, aber bitte nicht immer wieder den gleichen."
Wer für Fehlerfreundlichkeit und Fehlerkultur eintritt, redet dabei nicht der Schlamperei das Wort. Es bedeutet vielmehr: Wir zeigen Interesse an einer Lösung. Wer Fehler erkennt und benennt, verhindert weitere. Die Voraussetzung für eine Fehlerkultur ist gegenseitiges Vertrauen und der Wille gemeinsam weiter zu kommen. Meistens in kleinen Schritten.
In Psalm 32 heißt es: "Denn als ich meine Sünde wollte verschweigen, verschmachteten meine Gebeine .... Darum sprach ich: Ich will dem Herrn meine Übertretungen bekennen. Da vergabst du mir die Schuld meiner Sünde."
Welch ein befreiendes Wort! So entsteht neues Vertrauen und neuer Mut zum Handeln. Dann können wir auch getrost mit Fehlern umgehen.
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