17.12.2007

Christ der Retter ist da! - Predigt zur Christnacht

Liebe Gemeindeglieder,

Kinder lieben Geheimnisse. Und sie lieben ganz besonders die Geheimnisse, die um Weihnachten herum gemacht werden. Es interessiert sie, was die Erwachsenen so geheimnisvoll reden, wenn es um das Fest geht. Ganz besonders interessant sind die Geheimnisse um die versteckten Geschenke. Das mit dem Christkind, das irgendwie dann doch ins Weihnachtszimmer kommt und die Geschenke unter den Weihnachtsbaum legt, das scheint auch so ein unerklärbares Geheimnis zu sein.

Geheimnisse sind interessant. Es sind es nicht nur die Kinder, die Geheimnisse lieben. Auch Erwachsene üben sich darin, nicht zu verraten mit was sie, denen die sie lieb haben, eine Freude machen möchten.

Heute Abend haben wir es auch mit einem Geheimnis zu tun. Mit einem Geheimnis, das mit unserem Glauben zu tun hat. Es hat mit dem Kind in der Krippe zu tun. Es ist ein Geheimnis, das nicht so ohne weiteres zu verstehen ist. Es hat die Heilung der Welt zum Inhalt.

Groß ist, wie jedermann bekennen muss, das Geheimnis des Glaubens: Er ist offenbart im Fleisch, gerechtfertigt im Geist, erschienen den Engeln, gepredigt den Heiden, geglaubt in der Welt, aufgenommen in die Herrlichkeit.[1]

Der gerade gehörte Bibeltext ist ein Hymnus auf Christus – ein Lied auf Jesus. Und dieses Lied besingt nicht eine heile Welt, romantisch, mit Kerzenlicht in der warmen Stube, so wie wir Weihnachten feiern. Dieses Lied besingt den Vorgang der Heilung der Welt. Eine Welt, die im Grunde ihres Wesens total verdorben und verloren erscheint – eine Welt, in der die Starken auf Kosten der Schwachen leben – eine Welt des Kummers und der Tränen. Diese Welt soll geheilt werden. Welch eine Aufgabe, welch ein Unterfangen.

Auch wir haben Lieder. Ganz unterschiedliche Lieder. Unsere Lieder besingen Lebens- und Liebesgeschichten, Geschichten von Freude und Leid, Geschichten vom geboren werden und sterben. Und so wie unsere Lieder singen, so ist auch unser Leben: Es wird gefreit und geboren, es wird gearbeitet und gestorben. So pflanzt sich die Menschheit seit Anbeginn fort, so lebt sie schon immer. In dieser Menschheits- und Weltgeschichte finden wir Namen, die wir kennen, die sich herausheben, Namen, die in unseren Ohren klang haben, die Bleibendes vollbracht haben und es sind Namen, die nie jemand gehört hat.

Und dann gibt es andere Lieder, bessere Lieder, Lieder in der Sprache der Bibel: „HERR, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen, der du zeigst deine Hoheit am Himmel! Aus dem Munde der jungen Kinder und Säuglinge hast du eine Macht zugerichtet um deiner Feinde willen, dass du vertilgest den Feind und den Rachgierigen. Wenn ich sehe die Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast: was ist der Mensch, daß du seiner gedenkst, und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott, mit Ehre und Herrlichkeit hast du ihn gekrönt. Du hast ihn zum Herrn gemacht über deiner Hände Werk, alles hast du unter seine Füße getan: Schafe und Rinder allzumal, dazu auch die wilden Tiere, die Vögel unter dem Himmel und die Fische im Meer und alles, was die Meere durchzieht. HERR, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen![2]

Das ist eine ganz andere Perspektive, als die unserer Lieder des Überlebenskampfes, des Elends und der Traurigkeit, des Hasses und der Gier. Im Grunde erzählt die ganze Bibel von dieser Spannung zwischen den Liedern, die unser Leben schreibt und dem Werben Gottes um den Menschen. Gott will uns Verlocken, in der Perspektive dieses Liedes aus Psalm 8, unser Leben zu gestalten. „Herr, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name ...“. Das ist Leben in der Wirklichkeit eines von Gott bestimmten Lebens. Es ist anders als unsere Lebensrealität, die diese zarten Verlockungen Gottes immer wieder ausschlägt. Darum leben wir in einem dauernden Zwiespalt, die in unserer Lebensgeschichte aufklafft. Im Buch der Bücher, in seinem Neuen Testament, wird erzählt, wie Gott diese Kluft heilt. Und Weihnachten ist der Anfang der Heilung.

Groß ist, wie jedermann bekennen muss, das Geheimnis des Glaubens: Er ist offenbart im Fleisch, gerechtfertigt im Geist, erschienen den Engeln, gepredigt den Heiden, geglaubt in der Welt, aufgenommen in die Herrlichkeit.

Gott wird Mensch! Das ist die Nachricht von Weihnachten. Hier geschieht keine Vergottung eines Menschen, sondern Gott wird Mensch. Dass wir Menschen vergöttern, das ist nichts besonderes. Wir machen das mit unseren Idolen, mit Sportlern, Fußballspielern, Musikern, Schauspielern und anderen Künstlern, manchmal auch mit unserm Partner oder mit Freunden. Jesus ist keiner, der durch sein Leben, seine Heilungen und Wunder, Gottstatus erlangt hat. In Jesus ist Gott als Mensch geboren und damit uns Menschen nahe gekommen. In ihm verschmelzen Zeit und Ewigkeit, Himmel und Erde. Die Erde wird im Jesusgeschehen himmlisch und der Himmel wird irdisch.

Ich weiß, das ist für uns schwer zu verstehen – ein Geheimnis: Das Trennende, das was Gott und die Menschen trennt, das was die Menschen untereinander trennt und alles was daraus folgt für die Welt und die Gemeinde, das ist in Jesus überwunden. Es ist überwunden, wenn wir es Jesus hinlegen. Wenn wir es vor Jesus als Schuld bekennen und seine Heilung annehmen. Dass Jesus Mensch geworden ist, ist die Grundlage unsere Erlösung und für die Erlösung der gesamten Schöpfung Gottes. Jesus hat unser Fleisch, unsere Vergänglichkeit angenommen und wurde als Gottessohn zum Herrscher und König erhöht. Das feiern wir in dieser Nacht der Nächte: Jesus ist geboren. Christ der Retter ist da!

Wir feiern heute den Geburtstag Jesu und damit beginnt mit Weihnachten etwas Neues. Der Weg des Kindes von der Krippe zum Kreuz, was für uns Bedeutung hat, die über unser Leben hinausreicht. Am Kreuz wurde der Tod besiegt. Drei Tage später ist Christus auferstanden zu neuem Leben. Wir, die wir seinen Namen tragen, dürfen ihm nachfolgen. Gottes Kraft beginnt schon hier auf dieser Erde und fängt an uns zu verwandeln und zu verändern. Auch, und gerade an Weihnachten machen wir uns diese einzigartige Hoffnung wieder bewusst.

Das ist der Grund unserer Freude: Jesus ist geboren. Und weil wir uns freuen, darum feiern wir. Wir feiern das wohl größte Fest des Jahres, ein Fest, das uns im Inneren berührt wie kein anderes Fest. Ein Fest, das uns Hoffnung schenkt. Hoffnung, dass das nicht so in Ewigkeit bleiben wird, unser Leid und unser Elend, unser Getrenntsein von Gott und von den Menschen. Darin liegt der Grund, warum wir uns gegenseitig Geschenke machen. Wir geben unserer Freude Ausdruck.

Weihnachten ohne Christus ist nicht Weihnachten. Es mag zwar voller Pracht sein, voller Licht und gutem Essen, mit Tannenbaum und vielen Geschenken, aber es bleibt da innen im Herzen kalt und leer. Ein Fest ohne Inhalt, wie so viele Feste.

„Christ der Retter ist da!“ werden wir am Ende des Gottesdienstes gemeinsam singen und damit in diese Welt hinaustragen, was der Grund des Kommens des Kindes in der Krippe ist: Die Rettung des Menschen aus seiner Verlorenheit und aus seiner Gottesferne. Jesus hat durch sein Kommen die Tür zum Paradies wieder aufgesperrt, damit wir nicht verlorene, sondern gerettete Menschen sind. Amen.



[1] 1. Tim 3, 16

[2] Psalm 8

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