25.06.2013

Predigt: Die Ehebrecherin

4. Sonntag nach Trinitatis
23.06.2013 Fürth-St. Paul

Johannes 8,3-11 

Die Schriftgelehrten und Pharisäer brachten eine Frau, beim Ehebruch ergriffen, und stellten sie in die Mitte 4 und sprachen zu ihm: Meister, diese Frau ist auf frischer Tat beim Ehebruch ergriffen worden. 5 Mose aber hat uns im Gesetz geboten, solche Frauen zu steinigen. Was sagst du? 6 Das sagten sie aber, ihn zu versuchen, damit sie ihn verklagen könnten. Aber Jesus bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde. 7 Als sie nun fortfuhren, ihn zu fragen, richtete er sich auf und sprach zu ihnen: Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie. 8 Und er bückte sich wieder und schrieb auf die Erde. 9 Als sie aber das hörten, gingen sie weg, einer nach dem andern, die Ältesten zuerst; und Jesus blieb allein mit der Frau, die in der Mitte stand. 10 Jesus aber richtete sich auf und fragte sie: Wo sind sie, Frau? Hat dich niemand verdammt? 11 Sie antwortete: Niemand, Herr. Und Jesus sprach: So verdamme ich dich auch nicht; geh hin und sündige hinfort nicht mehr.

Liebe Gemeindeglieder, liebe Schwestern und Brüder, eine bewegende Geschichte, bei der ich innerlich schnell auf der Seite der Frau bin. Es hat wohl mit dem Umgang mit ihr zu tun. Kein Mensch achtet auf ihre Würde. Sie wird herbeigeschleppt, in die Mitte gestellt und als Ehebrecherin bloßgestellt. Sie bekommt keinen Anwalt, keine Verhandlung. Sie ist überführt, das Todesurteil gefällt ohne sie anzuhören. Gefällt von wem auch immer. Vielleicht auch vom Mob auf der Straße. Es riecht verdächtig nach Lynchjustiz. Klar ist nur eines: Sie muss sterben. Ein solches Verfahren, ein solcher Umgang ist mir zutiefst zuwider und stört mein Rechtsempfinden. So kann nach meinem Empfinden der Rechtsfrieden nicht wieder hergestellt werden.

1. Das Urteil …

Irgendwie kommt mir aber eine solche Verfahrensweise bekannt vor. Ja, ich bin auch so einer der Urteile über andere fällt, ohne mit ihnen gesprochen zu haben. Wir nennen das abschwächend Vorurteil. Wie schnell habe ich Vorurteile gegenüber anderen Menschen. Vielleicht auch deshalb, weil ich durch sie an etwas erinnert werde. Oder weil jemand mir so ähnlich ist und ich mich in ihm erkenne, ohne dass mir das bewusst ist. Immer wieder ertappe ich mich dabei, dass Ich mir das Recht herausnehme über andere zu urteilen, obwohl mich niemand zum Richter über sie bestellt hat. Ich mache mich zum Maßstab, zu einer moralischen Instanz, es muss so gehen wie ich es für richtig halte, so wie ich das Gesetz verstehe und auslege.

2. Wer im Glashaus sitzt

„Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen“, wir kennen das Sprichwort. Und trotzdem sind wir Steinewerfer. Es sind natürlich keine Steine, die wir werfen, aber das was wir werfen tut nicht minder weh. Sie verletzen uns innerlich, die „Steine“, die nach uns geworfen werden. Sie haben Namen, die wir allzu gut kennen: Vorbehalte, Vorurteile, Verurteilungen. Wir kennen sie seit unserer Kindheit. Sätze, die uns verstören und zerstören. Es sind Sätze wIe: „Das kannst du nicht“ oder „Aus dir wird nie was“ oder „So einem wie dir kann man nichts anvertrauen“. „Du reißt mit dem Hintern ein, was du mit Händen aufgebaut hast“. Ja, wir sind schnell mit Verurteilungen, nehmen uns heraus Urteile auszusprechen über Menschen ohne sie richtig zu kennen. Wenn dann der erste Stein geflogen ist, dann fangen auch die anderen an Steine zu werfen. Der Kreislauf der Gewalt ist geschlossen. Wenn der erste zu Tuscheln anfängt, dann glaubt sich auch der zweite im Recht seinen Stein zu werfen – möglichst einen größeren als der erste. Niemand prüft, ob es die Wahrheit ist die er weitergibt und wer überlegt schon ob es nötig ist, dass andere das auch wissen müssen. Keiner spricht mit dem, den es betrifft. Der Stein wird geworfen, ohne überhaupt nur zu ahnen was dieser anrichten wird. Wie kann dieser Kreislauf des Steinewerfens, dieser Kreislauf der Gewalt wieder durchbrochen werden?

3. Das Urteil

Schauen wir rein in unsere Geschichte:
Meister, diese Frau ist auf frischer Tat beim Ehebruch ergriffen worden. 5 Mose aber hat uns im Gesetz geboten, solche Frauen zu steinigen. Was sagst du?
Jesus soll der Richter dieser Frau sein. Er soll das Urteil sprechen. Schlau sind sie, die Pharisäer und Schriftgelehrten. Sie wollen Jesus endlich in der Falle haben. Schon länger suchen sie eine Gelegenheit ihn anzuklagen und zum Tod verurteilen zu können. „Er soll sterben“, das ist ihr Urteil, das sie bereits über ihn gesprochen haben. Aber das Volk kommt in Scharen zu Jesus, will seine gute Nachricht hören: „Noch nie hat ein Mensch so gesprochen wie dieser“, können wir wenige Verse vor unserem Predigttext lesen. Das hindert sie kurzen Prozess mit ihm zu machen. Das Volk strömt zu Jesus, will seine Worte hören, will heil werden, gesunden.

4. Wer ohne Sünde ist

Was sagst du? 6 Das sagten sie aber, ihn zu versuchen, damit sie ihn verklagen könnten.
Es geht diesen Männern nicht um die Sünde und ihre Bekämpfung. Dazu hätten sie Jesus gar nicht gebraucht. Es geht ihnen um den Kampf gegen Jesus. Verurteilt er jetzt diese Frau, dann hat er seinen Gegnern recht geben müssen und seinen Ruf als „Freund der Zöllner und Sünder“ verloren. Schützt er aber selbst eine solche Ehebrecherin, dann ist er entlarvt als einer der es kaum ernst meint mit Gottes Geboten. Er ist ein „Diener der Sünde“. Wie Jesus sich auch entscheidet, immer haben ihn seine Gegner in der Hand. Er wendet sich von den Männern ab, geht auf Distanz, bückt sich, schreibt mit den Fingern in den Sand. Aber diese geben nicht auf. Sie reden auf ihn ein. Daraufhin richtet sich Jesus auf und hält keine flammende Rede gegen einen solch unmenschlichen Umgang mit einer Frau, wie wir es vermuten würden. Sondern gibt Anweisung, wie die Steinigung vorgenommen werden soll: Der erste, der einen Stein wirft, soll der sein, der ohne Sünde ist. - Wer ist das? - Es gibt keinen Sündlosen hier - außer Jesus. Jesus bückt sich nieder und schreibt wieder in den Sand. Er führt kein Gespräch mit seinen Gegnern. Diskutiert nicht mit den strengen, frommen Männer über das Verständnis von Sünde. Sünde ist Handeln aus Hass! Wie die geplante Steinigung. Und ist damit das genaue Gegenteil des von Gott gewollten Handelns aus Liebe. Der Älteste fängt an, einer nach dem anderen geht weg. Die Frau bleibt. Sie rennt nicht nach Hause, froh, heil aus dieser Geschichte rausgekommen zu sein.

5. Der neue Weg

10 Jesus aber richtete sich auf und fragte sie: Wo sind sie, Frau? Hat dich niemand verdammt? 11 Sie antwortete: Niemand, Herr. Und Jesus sprach: So verdamme ich dich auch nicht; geh hin und sündige hinfort nicht mehr.
Es muss nicht über die vergangene Sünde der Frau spekuliert werden. Sie wird von Jesus in ein neues Leben gesandt. In ein Leben ohne Handeln aus Hass. Liebe Gemeinde, wie viel Hass gegen uns selbst, gegen die Situation in der wir stecken, Hass gegen Menschen, die uns anvertraut sind, Hass gegen Menschen, die uns belasten und uns Böses wollen, vergiftet unser Leben und gebiert weiteren Hass und Sünde. Jesus will den Kreislauf von Hass und die daraus entstehende Gewalt in unserem Leben durchbrechen und seine Liebe in unser Herz pflanzen. Auch die Liebe zu dieser Gemeinde mit ihren vielen Problemen.

Gebet: Ja, Jesus, du mein Herr und Heiland, pflanze doch auch in mein Herz deine Liebe ein, damit der Hass mein Leben nicht mehr beherrschen kann. Amen.

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