26.06.2013

Einsam durch den Tod


Das Richtige zur rechten Zeit tun

Der Tod eines lieben Menschen bringt denen die zurückbleiben oft großes Leid. Wir vermissen den Menschen der von uns genommen wurde, er fehlt uns, wir erfahren das traurig machende Gefühl von Verlassensein. Es bleiben Fragen, auf die wir keine Antworten finden. Uns quält das „Warum, weshalb?“ Warum jetzt, warum dieser Mensch? Warum so plötzlich, warum die Krankheit, warum der Unfall? Allein in unserer Wohnung meinen wir, dass jeden Moment die Türe aufgehen müsste und der geliebte Mensch herein kommt. Voller Verzweiflung registrieren wir, dass er nicht kommt, nie wieder. Dieses „nie wieder“ lässt die Unerbittlichkeit des Todes erfahren, seine Macht, seine Grausamkeit. Nie wieder werden wir seine Stimme hören, sein Lachen, sein Weinen, seine tröstenden Worte, die uns oft so stark gemacht haben. Es ist vorbei. Uns bleiben Erinnerungen an diesen Menschen, Fotos, Gegenstände die uns zur Erinnerung werden. Und dann will uns dieses schreckliche Gefühl der Einsamkeit überfallen, dieses „nie wieder“, weg für immer.

Fragen erwachen: Wie wird es weitergehen, die Beerdigung, Freunde verständigen, was muss alles erledigt werden? Später die Frage: Wie geht mein Leben weiter, wer kann mir zur Seite stehen, wer versteht meine Not? Werde ich Alleinsein, wie komme ich damit zurecht? Wie sieht meine finanzielle Situation aus? An wen kann ich mich wenden, wo finde ich Hilfe und Beistand?

„Letztlich hat jede Frau in dieser Zeit ihren ganz eigenen Weg, der geachtet sein will. Es gibt keine allgemeine Gültigkeit,“ meint Lilo Meier (alle Namen geändert) als wir uns über dieses Thema austauschen, „da kann jeder nur für sich sprechen. Es ist ein Thema, welches viel Behutsamkeit und Respekt verlangt, weil es bis in die Tiefe anrührt“. Für Lilo Meier ist Einsamkeit nicht mit Verlassenheit gleichzusetzen. „Einsamkeit kann auch zu einem Ort der Heilung werden, weil sie mit der ganzen Wirklichkeit des Abschieds konfrontiert, das ist Schmerz. Dieser will durchlebt und angenommen sein.“

„Jede Frau und jeder Mann erlebt das Sterben des Partners, seiner Partnerin und das was danach kommt, anders“, gibt Gudrun Mechalke aus L. zu bedenken.
„Für längere Zeit brauchst du einen Menschen, mit dem du reden kannst, der dir zuhört, dem du deine Gedanken zu deinem Verlust und den Dingen des täglichen Lebens sagen kannst. Solche Menschen habe ich immer wieder gefunden,“ beschreibt sie ihre Erfahrungen beim Verlust eines nahen Menschen, „man muss auf Menschen zugehen, Initiative ergreifen“. Diese Initiative hat Gudrun, aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen, wenige Jahre später mir gegenüber wahrgenommen. Als meine Frau wochenlang als Sterbende im Koma lag, rief sie mich beinahe jeden Tag an um zu hören wie es ihr und mir geht. Dank dafür! Dankbar bin ich auch Nikolaus und seiner Frau, die beiden Nachbarn aus S., die in dieser schweren Zeit eine Kerze mit der damaligen Jahreslosung an meine Wohnungstüre gehängt hatten: Jesus Christus spricht: Ich lebe und ihr sollt auch leben.
Das war Balsam für meine zutiefst verwundete Seele. Am Abend, wenn ich einsam in unserer Wohnung saß, zündete ich diese Kerze an, als Zeichen der Hoffnung, so wie damals nach dem Krieg Frauen brennende Kerzen für ihre vermissten Männer in die Fenster stellten.

Christine Müller, seit 2005 verwitwet, fühlt sich nicht vergessen oder allein gelassen. Sie wohnt in einer wunderschönen Seniorenanlage in Z. und pflegt regelmäßige Kontakte zu anderen Frauen, die ihre Männer auch bereits hergeben mussten. Ganz besonders wichtig sind ihr aber auch die Kontakte zu ihrer Gemeinde, „man kennt sich“, meint Christine. „Nach dem Gottesdienst spricht man miteinander. Ich interessiere mich, wie es anderen geht.“ Was ihr erzählt wird nimmt sie die Woche über in ihr persönliches Gebet. „nicht alle haben es so gut wie ich“, meint sie, „manche können nicht allein sein, ertragen die leere Wohnung nicht“.

Hilfreich wird erlebt, dass wir  mit einander sprechen. Da sein, zuhören, auf einander zugehen, das hilft Menschen in Trauer. Weniger hilfreich sind die „guten Ratschläge“ und so manches „frommes“ Gerede, das oft mehr Schmerzen als Hilfe vermittelt. Wer einen Menschen verliert kann sehr einsam werden, weil sich andere nicht trauen auf ihn zuzugehen. Es wird befürchtet zu stören oder als neugierig zu gelten. Der Umgang mit Trauernden verlangt Feingefühl um das Richtige zur rechten Zeit zu tun.

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