Anschlag auf Kirche in Nordfrankreich Terror trotz Fußfessel
Stand: 26.07.2016 22:32 Uh
Wieder ist Frankreich von einem
Terroranschlag erschüttert worden: Zwei Angreifer drangen in der
Normandie in eine Kirche ein und töteten den Priester. Gegen einen der
beiden lief bereits ein Terrorverfahren. Er trug eine elektronische
Fußfessel.
Keine zwei Wochen nach dem Blutbad von Nizza hat
ein tödlicher Anschlag Frankreich aufs Neue erschüttert: Zwei Angreifer
töteten in einer katholischen Kirche einen greisen Priester mit einem
Messer.
Die französischen Behörden haben inzwischen einen
der Angreifer identifiziert - gegen den 19-Jährigen war in der
Vergangenheit bereits ein Terrorverfahren eingeleitet worden. Nach
Ermittlerangaben hatte der Mann 2015 zwei Mal versucht, nach Syrien zu
gelangen. Beim zweiten Versuch wurde er in der Türkei festgenommen.
Freilassung unter Auflagen
Nach seiner Überstellung nach Frankreich wurde
ein Ermittlungsverfahren gegen den Mann eingeleitet. Ihm wurde die
Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in Verbindung mit einem
Terrorvorhaben zur Last gelegt. Er kam zunächst in Untersuchungshaft,
wurde aber später mit einer elektronischen Fußfessel freigelassen - die
er offenbar auch während des Angriffs in der Kirche trug. Der Mann
stamme aus Saint-Etienne-du-Rouvray, dem Ort, an dem sich der Angriff
ereignete, so der Pariser Staatsanwalt François Molins am Abend. Der
zweite Täter ist ihm zufolge noch nicht identifiziert.Sprengstoffattrappen und eine Pistole
Die beiden Angreifer trugen laut
Staatsanwaltschaft Sprengstoffattrappen, Messer und eine Pistole bei
sich. Beim Verlassen der Kirche hätten sie sich mit dem Ruf "Allahu
akbar" ("Gott ist groß") auf die Sicherheitskräfte gestürzt, sagte
Molins. Daraufhin seien sie erschossen worden. Einer der beiden Täter
habe eine Schusswaffe dabei gehabt. Einer der Täter trug laut Molins
einen falschen Sprengstoffgürtel aus Aluminiumfolie um den Bauch und
hatte drei Messer dabei. Sein Komplize hielt eine mit Aluminiumfolie
umwickelte Küchenuhr in der Hand. In seinem Rucksack fand die Polizei
demnach eine Sprengstoffattrappe.
Im Zuge der Ermittlungen wurde außerdem ein
Minderjähriger in Polizeigewahrsam genommen. Der in Algerien geborene
16-Jährige sei der jüngere Bruder einer Person, die mit internationalem
Haftbefehl gesucht werde, sagte Molins. Diese solle im März 2015 mit den
Papieren des identifizierten Angreifers aus der Kirche in das
irakisch-syrische Gebiet gereist sein. Die Ermittler führten auch
weitere Durchsuchungen durch.
IS beansprucht Angriff für sich
Die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) meldete sich über die Agentur Amaq zu Wort und beanspruchte die Tat für sich. Die Attacke sei eine Reaktion auf Forderungen des IS, Länder der US-geführten Koalition anzugreifen, die in Syrien und dem Irak gegen die Terrormiliz Luftangriffe fliegt. Zuvor hatte Staatspräsident François Hollande erklärt, die beiden Männer hätten sich zum IS bekannt.
Hollande: Angriff auf Kirche ist "Schändung der Republik"
In einer Fernsehansprache am Abend bezeichnete
Hollande den Anschlag auf eine Kirche als "neue Bewährungsprobe für die
Nation". "Eine Kirche anzugreifen, einen Priester zu töten, das ist eine
Schändung der Republik, die die Gewissensfreiheit garantiert", sagte
der Staatschef. Er rief das Land zur Einheit auf. "Was die Terroristen
wollen, ist uns zu spalten", betonte Hollande.
Die Regierung werde die in den vergangenen
Monaten verschärften Anti-Terror-Gesetze voll anwenden. "Aber ich sage
ganz klar: Unsere Rechte zu beschränken, von unseren Verfassungsregeln
abzuweichen, würde nicht mehr Wirksamkeit im Kampf gegen den Terrorismus
bringen, aber ganz sicher den kostbaren Zusammenhalt unserer Nation
schwächen."
"Sie haben am Altar eine Art Predigt gehalten"
Zwei Männer waren am Vormittag während einer
Messe in das katholische Gotteshaus in Saint-Étienne-du-Rouvray
eingedrungen und brachten den Pfarrer, zwei Nonnen und zwei weitere
Gläubige in ihre Gewalt. Kurz darauf erstachen die Angreifer den 85
Jahre alten Priester. Eine weitere Geisel wurde verletzt, ist aber nicht
mehr in Lebensgefahr.
Eine Augenzeugin schilderte im französischen
Fernsehen Details: Die Angreifer hätten den Priester auf die Knie
gezwungen und ihn mit einem Messer getötet, als er sich zu wehren
versuchte. "Sie haben sich selbst gefilmt", sagte die Nonne. "Sie haben
am Altar eine Art Predigt gehalten, auf arabisch. Es ist ein Horror."
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