Andreas Stahl sorgt für die Erreichbarkeit kirchlicher Seelsorge
Seit Juni diesen Jahres hat Bruder Stahl eine landeskirchliche Projektstelle für Notfallseelsorge inne. Inhaltlich geht es darum, Fortbildung für Notfallseelsorger im Kirchenkreis Nürnberg zu organisieren und die Möglichkeiten zu klären, für Seelsorge am Nürnberger Flughafen. Diese Stelle war als Pfarrstelle gedacht, aber sie ging an Andreas Stahl. Und das kam nicht von ungefähr, denn er ist in der Notfallseelsorge im Nürnberger Raum seit Jahren kein unbeschriebenes Blatt mehr. Neben der 0,5 Stelle Jugendarbeit im Maxfeld, war er seit 2002 bereits mit einer halben Stelle im Evang.-Luth. Dekanatsbezirk Nürnberg als Beauftragter für Notfallseelsorge angestellt. „Mir kam dabei sehr meine Erfahrung als Rettungssanitäter zugute“, meinte Andreas Stahl, „denn ich lernte dort professionell mit schwersten Krisensituationen umzugehen.“ Schon vor seiner Rummelsberger Zeit, als er noch bei der Bundesbahn als Elektriker arbeitete und nebenbei Jugendarbeit in Weiden machte, fuhr er als Rettungssanitäter in seiner Heimatstadt. „Seit 1991 fahre ich immer noch einmal im Monat am Freitag in Weiden Nachtschicht als Rettungssanitäter. Das hilft mir fit zu bleiben und in meinem Hauptberuf eine andere Sicht der Dinge zu behalten“, lächelnd fügt er hinzu „und im Übrigen kann ich da auch gleich mein Patenkind besuchen.“
In seinem jetzigen Dienstauftrag sieht sich Andreas Stahl in erster Linie nicht als der Notfallseelsorger, der von Unfallstelle zu Unfallstelle eilt oder zusammen mit der Polizei Todesnachrichten überbringt. Er sieht sich eher als Koordinator der ökumenischen Notfallseelsorge. „Notfallseelsorge ist Erreichbarkeit kirchlicher Seelsorge“, so beschreibt er, wie sich ihm dieser wichtige kirchliche Dienst darstellt, „und ich sehe es als meine Aufgabe an, diese Erreichbarkeit sicherzustellen. Ich sehe mich mehr als Manager, weniger als Seelsorger.“ In jedem der fünf Nürnberger Prodekanate gibt es einen Seelsorger mit Handy, der für einen Einsatz erreichbar ist. Zudem gibt es mehrere weitergebildete Notfallseelsorger (u. a. auch Diakone). Stahl: „Als Ziel der Notfallseelsorge sehe ich, den Gemeindepfarrer, der ja der Seelsorger der betroffenen Familie ist, zu verständigen – Kontakt herzustellen. Als unser Bruder Drews tödlich verunglückt ist, hab ich Kontakt mit der die Gemeindepfarrerin aufgenommen und bin nicht selbst gefahren. Die Gemeindepfarrerin ist die, die für die weitere Betreuung der Familie, bis hin zur Beerdigung, zuständig ist. Wie gesagt, Kontakte herzustellen, das sehe ich in erster Linie als die Aufgabe der Notfallseelsorge und damit auch als meine Aufgabe. Natürlich bin ich im Hintergrund immer erreichbar, wenn einmal alle Stricke reißen.“
Kontaktpflege sieht Bruder Stahl als eine seiner wichtigsten Aufgaben an. Kontakte zu Beratungsstellen, Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienste und sonstigen Hilfsorganisationen. So war er auch bei den Besprechungen zu den Veranstaltungen anlässlich der WM im letzten Jahr dabei. „Da wurden Einsatzpläne gemacht, wie mit einem ‚Großschadenereignis’ umgegangen werden soll. Da mussten Einsatzpläne auch für die Notfallseelsorge ausgearbeitet werden.“ Ich spüre, das Organisieren gefällt Andreas Stahl, hier liegt seine ganz besondere Begabung. Darum ist es für ihn keine Last, für entsprechende Vernetzungen mit Bahnhofsmission, Heilsarmee, Diakonie, Caritas und den anderen Hilfsdiensten zu sorgen. Er hat ein dickes Handbuch für die Notfallseelsorger vor Ort herausgegeben, das er immer wieder aktualisiert und auf dem Laufenden hält. „Mit diesem Handbuch könnte jemand, der in München ist, hier in Nürnberg Notfallseelsorge organisieren“, bemerkt er nicht ohne Stolz.
Bei aller Koordinations- und Organisationsarbeit bleibt er trotzdem in der seelsorgerlichen Praxis am Ball. Etwa 50 Einsätze fuhr er im letzten Jahr selbst. Da ist dann seine ganze Erfahrung gefragt, die er mit Menschen in Krisensituationen hat. Er weiß, dass er Zeit mitbringen und seine Bereitschaft zuzuhören vorhanden sein muss, auch die Fähigkeit Leid und Trauer auszuhalten. Ich frage ihn, ob er das dann mit nach Hause mitnimmt, was ihm bei einem Einsatz begegnet ist? „Nein, wenn der Einsatz abgeschlossen ist, ist das für mich abgeschlossen und ich vergesse, was ich gerade erlebt habe. Ich habe mir das in den vielen Jahren im Rettungsdienst antrainiert.“
Bruder Stahl legt größten Wert darauf, dass Seelsorger mit Krisensituation professionell umgehen, damit auch sie keinen Schaden erleiden. Darum nehmen Schulungen einen Großteil seiner Zeit ein. „Seelsorger müssen wissen, wie sie sich in ungewöhnlichen Situationen verhalten und selbst damit umgehen können.“ Weiter meint Bruder Stahl: „Notfallseelsorge ist eigentlich nichts anderes als das, was Pfarrern und Gemeindediakonen in den Gemeinden begegnet.“ Im Aufgabenbereich von Andreas Stahl wird aber deutlich, wie wichtig Vernetzung und Koordination professioneller Hilfe in den Krisensituationen des Lebens sein kann und darin sieht er seine eigentliche Aufgabe.
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